Mittelschwaebische Nachrichten

Der HSV verbreitet Angst im Keller

Die halbe Bundesliga spielt um den Klassenerh­alt. Vor allem die starken Hamburger bringen viele Vereine in Bedrängnis. In Augsburg schlägt Torhüter Hitz Alarm

- VON FLORIAN EISELE

Augsburg Wenn es eines letzten Beweises bedurft hätte, wie bedrohlich die Lage für viele Teams im Bundesliga-Keller geworden ist, dann ist es dieser: Beim abstiegsge­fährdeten Hamburger SV arbeiten sie ganz ruhig weiter. Bei jenem Klub, bei dem ansonsten Rucksäcke mit Spielerver­trägen im Park verloren werden, während des Abstiegska­mpfs Kurztrips nach Mallorca stattfinde­n oder Investoren dazwischen­funken, wird ganz seriös weitergear­beitet. Dass die Hamburger ganz nebenbei auch noch ziemlich erfolgreic­h sind, verkompliz­iert die Lage für viele andere Mannschaft­en.

Nach dem 2:1 gegen Borussia Mönchengla­dbach betonte HSVTrainer Markus Gisdol: „Wir sollten ganz nah bei uns bleiben, ruhig bleiben. Demütig sein, bescheiden arbeiten, dann schaffen wir es und holen die nötigen Punkte.“Richtig gelesen: Demut. Bescheiden­heit. Ruhig bleiben. Vokabeln, mit denen Hamburg lange Zeit so viel gemein hatte wie die Landungsbr­ücken mit der Zugspitze. In Zahlen bedeutet das: Die Hamburger, die derzeit den Relegation­srang 16 belegen, holten aus den sieben Rückrunden­spielen vier Siege und mit 13 Zählern ebenso viele Punkte wie in der ganzen Hinserie. Nicht einmal die traditione­lle 0:8-Klatsche vor drei Wochen beim FC Bayern schaffte es, die Hanseaten in alte chaotische Verhaltens­muster zurückfall­en zu lassen.

Und während der HSV punktet, lassen andere Federn. Das Abstiegsre­nnen ist so spannend wie selten zuvor: Zwischen dem Relegation­srang 16 und Platz zehn liegen gerade mal fünf Punkte. Während Darmstadt und Ingolstadt schon abgeschlag­en zu sein scheinen, ist vor allem das Rennen um den Relegation­splatz spannend. Bremen etwa ist nur wegen des Torverhält­nisses noch vor dem HSV. Und Mannschaft­en, die eine ruhige Restsaison vor sich wähnten, finden sich unverhofft im rauen Abstiegska­mpf wieder. Dazu zählt zum Beispiel Mainz 05 auf Rang zwölf, das im Herbst noch in der Europa League ran durfte. Ob seine Spieler sich rechtzeiti­g an den rauen Abstiegska­mpf gewöhnen, bezweifelt Trainer Martin Schmidt nach dem 1:2 in Darmstadt. Nach Abpfiff sprach der Schweizer resigniert in die Mikrofone: „Ich habe versucht, meinem Team in Wort, Bild und Videomater­ial zu vermitteln, was hier passiert. Aber entweder habe ich undeutlich geredet oder das Team hatte taube Ohren.“

Ein Team, das auch fast schon gesichert schien, ist der FC Augsburg. Vor einem Monat noch hatte die Mannschaft von Manuel Baum ei- nen Vorsprung von acht Punkten auf den Relegation­splatz. Nach dem 0:3 auf Schalke ist das Polster auf zwei Punkte zusammenge­schmolzen. Dazu kommt, dass die Art und Weise, wie die Partie verloren ging, besorgnise­rregend ist. Schon nach einer halben Stunde waren die Gegentreff­er gefallen. Torhüter Marwin Hitz sagte: „Es ist noch nicht einmal die Hälfte der Spiele vorbei, und wir haben schon fast so viele Tore kassiert wie in der Hinrunde – das müsste uns die Augen öffnen.“Den 19 Gegentreff­ern in den ersten 17 Partien stehen 14 in zuletzt sieben Matches gegenüber. „Wir bekommen auch viel mehr Standardge­gentore. Das ist alarmieren­d.“

Währenddes­sen bemüht sich Trainer Manuel Baum, die Ruhe zu bewahren. „Wir dürfen uns jetzt auch von einem Ausreißer nach unten nicht irritieren lassen“, sagte er nach dem Abpfiff. Die Sorgen dürften aber noch größer werden, wenn Baum an die kommenden Wochen denkt: Schlüssels­pieler Raúl Bobadilla plagt sich mit einer Mittelfußp­rellung herum. Sein Einsatz gegen Freiburg am kommenden Samstag ist noch ungewiss. Danach steht die Auswärtspa­rtie beim FC Bayern an, der derzeit in einer eigenen Liga zu spielen scheint.

Und das Restprogra­mm der Augsburger hat es in sich: In den letzten drei Saisonspie­len geht es gegen die Topteams aus Mönchengla­dbach, Dortmund und Hoffenheim. Davor steht am 31. Spieltag in Augsburg ein Heimspiel gegen einen Gegner auf Augenhöhe an. Es ist der Hamburger SV.

 ?? Foto: Tim Groothuis, Witters ?? Viel zu jubeln gab es in den vergangene­n Wochen beim Hamburger SV – hier freuen sich Kostic (oben), Wood, Gregoritsc­h und Papadopoul­os über einen Treffer. Der Abstiegska­mpf ist spannend wie selten.
Foto: Tim Groothuis, Witters Viel zu jubeln gab es in den vergangene­n Wochen beim Hamburger SV – hier freuen sich Kostic (oben), Wood, Gregoritsc­h und Papadopoul­os über einen Treffer. Der Abstiegska­mpf ist spannend wie selten.

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