Mittelschwaebische Nachrichten
Notarzt Versorgung soll gesichert sein
In wenigen Wochen übernimmt die Kreisklinik in Günzburg zu bestimmten Zeiten die Dienste. Dass es so schnell geht, hätten die Verantwortlichen selbst nicht für möglich gehalten
Günzburg Unbesetzte Schichten im Günzburger Notarztdienst soll es ab dem 1. April nicht mehr geben. Die Kreisklinik übernimmt den Dienst montags bis freitags von 7 bis 19 Uhr, sodass sich die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) erhofft, dass es für die Nächte und Wochenenden einen „Entlastungseffekt“gibt. Niedergelassene Mediziner und freischaffende Notärzte sollen dadurch wieder „mehr Kapazitäten“für diese Zeiten haben.
Wie viel das alles kosten wird, will die KV noch nicht sagen, auch weil es noch keine vollständige Abrechnung gegeben habe. Aber sie betont grundsätzlich, dass die Erfahrungen aus Krumbach mit dem Modell positiv seien, wo zu bestimmten Zeiten ebenfalls die Klinik die Ärzte für den Dienst stellt und diese „zu 100 Prozent“besetzt seien. In Günzburg wurden nun knapp anderthalb neue Stellen geschaffen, finanziert von den Krankenkassen.
Das habe auch mit dem gestiegenen Bedarf durch die neue Hauptabteilung Gynäkologie und Geburtshilfe zu tun, erklärt Dr. Volker Rehbein, früher selbst Notarzt und heute Vorstand der Kreiskliniken. Sie sind nicht allein für den Notarztdienst vorgesehen, aber so kann der Pool, aus dem die Schichten besetzt werden, innerhalb eines Jahres von neun auf zwölf dafür qualifizierte und erfahrene Mediziner aufgestockt werden. Den Schwerpunkt bilden dabei die Anästhesisten.
Dass das Krankenhaus den Dienst überhaupt schon zum 1. April übernehmen kann, sei reines Glück gewesen, sagt auch Dr. Gregor Kemming, Chefarzt der Anästhesie und Ärztlicher Direktor. Es hätten sich schneller geeignete Bewerber gefunden als befürchtet, „gedanklich hatten wir uns schon auf den 1. Juli eingestellt“, sagt Rehbein. Wenn sie nicht im Einsatz sind, können die Notärzte Arbeiten in der Klinik erledigen, bei denen sie abkömmlich sind. Das sind etwa Tätigkeiten am Schreibtisch oder Aufklärungsgespräche von Patienten. Zur Frage, ob mehr Männer oder Frauen als Notarzt tätig sind, sagt Kemming: „Die Medizin ist weiblich, die Notarztdienste sind es auch.“
Jetzt kommt es darauf an, dass die Mediziner, die neu in den Pool kommen, mit der Ausstattung vertraut gemacht werden und sich grundsätzlich einarbeiten. Es wurde bereits sichergestellt, dass die Ärzte in der Klinik per Funkmeldeempfänger und als zweitem Alarmierungsweg per Telefon erreichbar sind. Das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) und sein Fahrer werden während der neuen Dienstzeiten nicht mehr an der Rettungswache, sondern am Krankenhaus stationiert. Vorläufig kann das NEF an der gerade nicht genutzten Rettungswagenzufahrt stehen, ein dauerhafter Platz wird noch gesucht, wohl wird auch eine Garage oder ein anderer beheizter Unterstand gebaut. Der Fahrer, den das Rote Kreuz stellt, bekommt einen Raum in der Klinik. Alexander Faith, Leiter Rettungsdienst bei der Hilfsorganisation, sagt dazu, dass zum Tanken und Auffüllen der Ausrüstung der Fahrer den Notarzt mitnimmt. „Für uns wäre es besser, wenn unser Mitarbeiter auf der Wache wäre und dort Arbeiten übernehmen könnte, aber so sind der Notarzt und der Fahrer näher beisammen, was auch Vorteile hat.“
Die Verantwortlichen des Krankenhauses freuen sich sehr auf die neue Aufgabe, „wir identifizieren uns damit“, sagt Kemming. „Wir werden Hand in Hand mit den niedergelassenen Kollegen sowie dem Roten Kreuz arbeiten, wir haben einen ausgesucht kompetenten Ret- tungsdienst in der Region.“Auch Rehbein betont, dass die Kreisklinik froh sei, an der Sicherstellung des Notarztdienstes mitzuwirken und dass die Bevölkerung nun wieder gut versorgt sei. Derzeit sei das zwar kein Thema, aber sollte irgendwann einmal das Krankenhaus weitere Dienstzeiten übernehmen sollen, „stünden wir für Verhandlungen bereit“. Momentan sehe er aber weder die Notwendigkeit dafür – wie sich die Situation entwickelt, hänge auch von den Medizinern ab, die stark im Notarztdienst eingebunden sind – noch wäre es leicht, die Nächte und Wochenenden abzudecken.
Zum Gerücht, dass ohnehin überlegt wird, die Zuständigkeit von der Kassenärztlichen Vereinigung auf den Staat zu übertragen, will die KV selbst sich nicht äußern. Dem bayerischen Innenministerium ist nach eigener Aussage nichts Entsprechendes bekannt, und angesichts einer insgesamt guten Notarztversorgung im Freistaat – sie liege im Schnitt bei knapp 98 Prozent – gebe es keinen Anlass für solche Überlegungen. Der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter (CSU), der sich zuletzt in die Debatte um die Lösung der Besetzungsschwierigkeiten in Günzburg eingeschaltet hatte, sagt ebenfalls, dass es momentan nichts Konkretes dazu gebe. Er ist der Ansicht, dass möglichst wenig vom Staat und möglichst viel in Selbstverwaltung organisiert werden sollte – aber bei der KV gebe es immer wieder Schwierigkeiten. Diese hätten auch dazu geführt, dass es in der Tat Überlegungen gebe, ihre Organisation zu ändern. Aber da dies einen „Systembruch“bedeuten würde, seien diese Gedanken noch nicht weiterverfolgt worden.
Wie Sauter hatte auch Georg Nüßlein, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Bundestagsabgeordneter, zuletzt Druck in Sachen Notarzt gemacht – und auch er ist mit der KV nicht zufrieden. Sollte die jetzige Lösung in Günzburg nicht zum Erfolg führen, müsse das Problem grundsätzlich angepackt werden. Und sollte es nach der Bundestagswahl eine Koalition unter Beteiligung der CDU/CSU geben, solle allgemein über die Bedarfsplanung und die Zuständigkeiten gesprochen werden, denn die Kassenärztlichen Vereinigungen seien „sehr schwerfällig“. Der Gesetzgeber müsse etwas tun, Nüßlein würde beim Thema Notarzt aber eher die Krankenkassen in die Pflicht nehmen.