Mittelschwaebische Nachrichten

Besonderer Einsatz für die Menschenwü­rde

Weihbischo­f Anton Losinger in Thannhause­n bei der Katholisch­en Landvolkbe­wegung

- VON JOSEF OSTERIED

Thannhause­n „Was kann und darf der Mensch am Anfang und Ende seines Lebens?“Er kann viel mehr als er darf, wenn sein Leben würdevoll, human bleiben soll, wenn Nächstenli­ebe sein Leben begleiten soll – Weihbischo­f Dr. Anton Losinger, fast zwölf Jahre Mitglied im Deutschen Ethikrat, führte seine zahlreiche­n Zuhörer, von der Katholisch­en Landvolkbe­wegung (KLB) eingeladen, im Saal des Pfarrheims von Mariä Himmelfahr­t in der neuen Gemeinde von Pfarrer Stefan Finkl durch drei Stationen des Lebens.

In der ersten Station, am Anfang des Lebens, könne die Wissenscha­ft außerhalb des Körpers einen embryonale­n Menschen schaffen, eben durch Verbindung von Samen- und Eizelle. Dabei würden jedoch viele Embryonen übrig bleiben, die tiefgefror­en gespeicher­t würden. In Deutschlan­d sei ihre Zahl vierstelli­g. Diese Embryonen hätten eine Würde vor dem Grundgeset­z, hätten ein Lebensrech­t, weshalb der Staat Verantwort­ung übernehmen müsse, sagte er. In freier Rede, lebhaft und anschaulic­h, ging der Experte nach diesem Thema der InVitro-Fertilizat­ion, kurz IVF, auf die Präimplant­ationsdiag­nostik, PID, und die Pränataldi­agnostik, PND, ein. Bei diesen Genchecks können über non-invasive Untersuchu­ngen, etwa über Bluttests bei Schwangere­n, Gendefekte entdeckt werden, etwa das Downsyndro­m. 95 Prozent der Embryonen mit diesem Symptom würden abgetriebe­n, was nicht nur eine dramatisch­e Folge dieser Diagnostik, sondern noch mehr eine Folge der gesellscha­ftlichen Einstellun­g zu Menschen mit Behinderun­g sei. Der Weihbischo­f räumte ein, dass die Nachricht, ein behinderte­s Kind zu bekommen, „die stärkste Familie umhaue“. Er fügte aber schnell hinzu: „Das Kind kann am wenigsten dafür“und trat für sein Lebensrech­t ein. Im Übrigen seien über 80 Prozent der Behinderun­gen postnatal, etwa durch Unfälle verursacht.

In der 2. Station des einstündig­en Vortrags auf hohem Niveau kam Dr. Losinger in der Mitte des Lebens an, bei der roten Gentechnik. Jeder könne heute sein Erbgut für 500 Euro entschlüss­eln lassen, der Mensch werde gläsern. In einem nächsten Schritt würde das Erbgut „umgeschrie­ben“, jeder könne es so optimieren, dass er kluge, schöne und gesunde Kinder bekommt, mit einer bestimmten Haar- und Augenfarbe. Die Entwicklun­g gehe jedenfalls in Richtung Designer-Baby.

Ein Widerspruc­h zur christlich­en Nächstenli­ebe

Und wer bewertet das Risiko dieser Entwicklun­g? „Wann kommt die Zeit, wenn der Arbeitgebe­r sagt: Bringen Sie mir vor ihrer Einstellun­g erst mal einen Gentest! Oder: Wie soll ein Mensch mit Behinderun­g überhaupt noch eine bezahlbare Kranken- oder Lebensvers­icherung abschließe­n können?“Behinderte fallen also aus dem Raster – ein Widerspruc­h zur christlich­en Nächstenli­ebe.

Die dritte Station umfasste Fragen am Ende des Lebens. Die pastorale Sorge um den Menschen, um seine Krankheite­n lag dem Bischof sehr am Herzen. Dabei unterschie­d er deutlich zwischen drei Formen der Sterbehilf­e. Aktive Sterbehilf­e ist verboten. Passive Sterbehilf­e bedeutet sterben lassen, sterben dürfen.

Indirekte Sterbehilf­e umfasst eine Palliativv­ersorgung, die die Schmerzen mindert, die die Angst vor dem Sterben nimmt.

Dr. Losinger entließ seine Zuhörer nach seinem informativ­en, niveauvoll­en und doch stets verständli­chen Vortrag mit ganz praktische­n Tipps:

Machen Sie ein Testament, es vermeidet Streit.

Machen Sie eine Patientenv­erfügung für die Zeit, wenn sie nicht mehr einwilligu­ngsfähig sind. Handreichu­ng und Formular einer christlich­en Verfügung seien kostenlos erhältlich über www.dbk.de und www.ekd.de

Geben Sie einer Person ihres Vertrauens eine Betreuungs­vollmacht.

Der Weihbischo­f beendete seinen Vortrag mit den Worten: „Die Stunde des Sterbens ist die wichtigste Stunde des Lebens. Manchmal ist Sterben erst nach einer Versöhnung mit den Kindern möglich.“

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Foto: Osteried Inmitten seiner Gemeinde wollte Weihbischo­f Dr. Anton Losinger beim Fototermin stehen. Von links Thannhause­ns Stadtpfarr­er Stefan Finkl, Dr. Anton Losinger, Weihbischo­f und Referent des Abends, die Vorstände der Katholisch­en Landvolkbe­wegung Maria...

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