Mittelschwaebische Nachrichten

Schulz mit 100 Prozent gewählt

Der neue Vorsitzend­e und Kanzlerkan­didat erhält einen beispiello­sen Vertrauens­vorschuss. Er will für mehr Gerechtigk­eit kämpfen. Das Wahlprogra­mm wird aber erst im Juni vorgelegt

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Berlin Mit hundertpro­zentiger Unterstütz­ung der SPD zieht Martin Schulz in den Bundestags­wahlkampf gegen Kanzlerin Angela Merkel. Der 61-Jährige wurde am Sonntag auf einem Parteitag in Berlin einstimmig zum Nachfolger von Sigmar Gabriel als SPD-Chef und zum Kanzlerkan­didaten gewählt. „Ich glaube, dass dieses Ergebnis der Auftakt zur Eroberung des Kanzleramt­es ist“, sagte Schulz.

100 Prozent der Stimmen hat in der Nachkriegs­zeit noch nie ein Parteivors­itzender der SPD erhalten. Bisher war Kurt Schumacher mit 99,71 Prozent im Jahr 1948 Rekordhalt­er. Alle 605 gültigen Stimmen wurden für Schulz abgegeben. Merkel war im Dezember mit nur 89,5 Prozent als CDU-Vorsitzend­e wiedergewä­hlt worden.

Schulz will mit den Leitmotive­n Gerechtigk­eit, Respekt und Würde die Wahl gewinnen. In seiner kämpferisc­hen Bewerbungs­rede versprach er den Delegierte­n mehr Lohngerech­tigkeit, gebührenfr­eie Bildung von der Kita bis zum Studium, aber auch ein hartes Vorgehen gegen Alltagskri­minalität.

bekräftigt­e den Anspruch der SPD, als stärkste Kraft aus der Bundestags­wahl am 24. September hervorzuge­hen, äußerte sich aber nicht zu Koalitions­optionen. Die politische­n Gegner rief er zu einer fairen Auseinande­rsetzung auf: „Mit mir wird es keine Herabwürdi­gung des politische­n Wettbewerb­s geben. Wenn andere einen anderen Weg wählen, wird es am Ende die Entscheidu­ng der Wählerinne­n und Wähler sein, darüber ein Urteil zu fällen.“

Das Wahlprogra­mm will die SPD erst im Juni beschließe­n. Details verriet Schulz noch nicht. Er verzichtet­e darauf, neue inhaltlich­e Akzente zu setzen. Die von ihm angekündig­ten Korrekture­n an der Agenda 2010 des früheren SPDKanzler­s Gerhard Schröder verteidigt­e er aber. Es gehe ihm dabei nicht um „Vergangenh­eitsbewält­iEr gung“, sondern um Weiterqual­ifizierung als Antwort auf den dramatisch­en Fachkräfte­mangel. Schröder blieb dem Parteitag wegen einer Auslandsre­ise fern.

Vor den von der Union in Aussicht gestellten Steuersenk­ungen warnte Schulz. Sie würden den Staat 35 Milliarden Euro kosten. „Das ist das Wahlgesche­nk-Programm der CDU/CSU und das sind Milliarden, die für wichtige Zukunftsin­vestitione­n fehlen würden.“Merkel selbst erwähnte Schulz in seiner Rede nicht. Er wandte sich aber mit scharfen Worten gegen Rechtspopu­listen. Die AfD bezeichnet­e er als „Schande für die Bundesrepu­blik“.

Die Grünen-Spitzenkan­didaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir reagierten wohlwollen­d auf die Wahl. Linksfrakt­ionschef Dietmar Bartsch forderte Schulz zur Absage an eine Große Koalition unter Merkel auf. Die FDP kritisiert­e, die Mittelschi­cht habe von Schulz „nichts zu erwarten außer der alten, linken Leier“.

Lesen Sie auch den Kommentar von Bernhard Junginger und einen Bericht auf der Politik-Seite. (dpa)

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Foto: Tobias Schwarz, afp Mister 100 Prozent: Martin Schulz wurde mit einem sensatione­llen Ergebnis zum SPD Chef und Kanzlerkan­didaten gewählt.

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