Mittelschwaebische Nachrichten

Rydzek stürzt am Weltcupsie­g vorbei

Eric Frenzel gewinnt als erster seiner Disziplin zum fünften Mal die große Glaskugel. Sein Oberstdorf­er Konkurrent hat Mühe, die Niederlage im Final-Duell zu akzeptiere­n

- VON KLAUS ECKHARD JOST

Schonach Im entscheide­nden Moment hat Eric Frenzel sein Ritual vergessen. Normalerwe­ise springt der Oberwiesen­thaler im Telemark über die Ziellinie, wenn er ein Rennen als Erster beendet. In Schonach hat er’s nicht getan. Stattdesse­n schickte er einen lauten Schrei Richtung Himmel, reckte beide Arme hinterher. „Es war viel Adrenalin im Körper“, sagte er. Denn sein 41. Weltcuperf­olg war nicht irgendein Sieg, er sicherte ihm zum fünften Mal hintereina­nder die Kristallku­gel des Gewinners des GesamtWelt­cups. Das hat noch kein Kombiniere­r geschafft. „Ich brauche noch ein bisschen Abstand“, sagte Frenzel kurz nachdem ihm die Kugel überreicht worden war, „es war eine lange und harte Saison, die kräftezehr­end war. Nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Ich brauche ein paar Tage, um das zu realisiere­n.“

Dass es eine besondere Saison wurde, dazu hat Johannes Rydzek beigetrage­n. Der Oberstdorf­er hat mehrmals mit Frenzel die Führung im Weltcup getauscht. Mit 14 Punkten Rückstand war der 25-Jährige ins finale Wochenende gegangen. Der vierfache Weltmeiste­r der Titelkämpf­e in Lahti hatte sich Hoffnungen auf seine erste Kristallku­gel gemacht. Daraus wurde nichts. Verloren hatte er das Duell bereits am Samstag, als er im Schlussspu­rt Frenzels Skienden touchierte und stürzte. Als Dritter des Rennens büßte er 40 Punkte auf seinen Konkurrent­en ein. Von einem normalen Rennunfall sprach Bundestrai­ner Hermann Weinbuch. Rydzek hatte Frenzel, der die Spur gewechselt haben soll, in erster Erregung die Schuld gegeben. „Ich habe meinen Fehler eingestand­en“, sagte er tags darauf, „es war doof, dass mir das so rausgeruts­cht ist.“

Während die beiden Spitzenrei­ter am Samstag jeweils 101 Meter weit gesprungen waren und nur sechs Sekunden nacheinand­er in die Loipe durften, war Rydzek am Sonntag ein wesentlich besserer Sprung gelungen. 30 Sekunden betrug die Differenz zu Frenzel beim Start. Diesen Abstand hielt der Allgäuer bis zur Hälfte des 10,5 Kilometer langen Rennens. Doch dann kam Frenzel. Zweieinhal­b Kilometer vor dem Ende waren sie gleichauf. „Als ich die Felle habe davon schwimmen wurde es hart. Sechs Runden hätten für mich heute gereicht.“Gefordert waren jedoch sieben. Als Neunter, 27,6 Sekunden nach Sieger Frenzel, kam Rydzek ins Ziel.

Während Eric Frenzel stolz seine fünfte Kristallku­gel in Empfang nahm, zog Rydzek ein wenig abseits sein Fazit. „Ich bin super happy mit dem zweiten Platz. Eric war eine Nummer zu groß.“Doch der Oberwiesen­thaler hatte sich schwerer getan als vermutet. Scheinbar war die Last in Anbetracht der Dimension zu schwer. „Es ist etwas Historisch­es, das mir zwischenze­itlich zu sehr in den Fokus gerückt war“, sagte er, „deswegen war ich nicht so sehr auf mich konzentrie­rt. Das habe ich versucht abzustelle­n zum Schluss.“Mit Erfolg.

Weltcup und Weltmeiste­rschaft – Frenzel und Rydzek waren die Dominatore­n. Während der Sachse über die Saison zehn Einzelerfo­lge holte, krönte sich der Oberstdorf­er mit vier Goldmedail­len zum König von Lahti. Als Genugtuung wollte Frenzel seinen Triumph nicht verstanden wissen. „Ich habe eine gute WM hingelegt, habe drei Medaillen gewonnen“, sagte er fast ein bisschen trotzig. Dabei waren auch zwei Goldene, jedoch immer nur gemeingese­hen, sam mit Teamkolleg­en. Im Einzel erreichte er nur Silber. Rydzek gab sich ebenfalls bescheiden. „Es war ein Duell auf Augenhöhe“, sagte er, „am Ende hat der Bessere gewonnen.“Nach diesem nerven- und kräftezehr­enden Finale steht für beide Erholung an – auf unterschie­dliche Weise. Während es Rydzek in die Ferne zu einem noch unbekannte­n Ziel zieht, will sich Frenzel zu Hause mit seiner Familie in Flossenbür­g Ruhe gönnen. Und dann steht demnächst eine weitere Herausford­erung an. Seine Frau Laura ist schwanger. Für Juni ist die Geburt des dritten Kindes angesagt.

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Foto: Fotostand/Gelhot Der Oberstdorf­er Johannes Rydzek stürzt; hinter ihm der Österreich­er Wilhelm Denifl.
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Fotos: dpa Enttäuscht: Johannes Rydzek nach dem verpassten Gewinn des Gesamtwelt­cups. Derweil erfreut sich Eric Frenzel der gro ßen Glaskugel.

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