Mittelschwaebische Nachrichten
Ohrfeige für das Vertrauen
Türken und Deutsche
Einfach war es nie, das Zusammenleben von Deutschen und Türken. Die Zuwanderer der ersten Generation, inzwischen im Rentenalter, sind nach vielen Jahren oft der deutschen Sprache nicht richtig mächtig. Integriert werden sollten diese Menschen auch nie. Die dritte und vierte Generation hat ein Identitätsproblem: Wo gehöre ich hin? In der Türkei sind jene Mesuts, Fathmas und Alis die Deutschen. In Deutschland bleiben sie, selbst wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, Türken.
Die Parallelgesellschaften blühen weiter. Das hat auch mit einem eher gering ausgeprägten Interesse der Einheimischen an diesen Mitbürgern zu tun – gespeist durch Vorurteile oder persönliche negative Erfahrungen. Dies alles ist nicht unbedingt ein wünschenswerter Zustand. Aber jetzt droht das Verhältnis kritische zu werden. Die verbalen Entgleisungen des türkischen Staatspräsidenten Erdogan sind Wasser auf die Mühlen derjenigen, die sich in ihren Vorbehalten „den Türken“gegenüber bestätigt sehen.
Teile der türkischen Gesellschaft hierzulande tun niemandem einen Gefallen, wenn sie im stillen Kämmerlein das Geschäft eines Mannes betreiben, der Deutschland verunglimpft hat und der – mit Verlaub – nicht mehr richtig tickt. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Auch die Meinung Andersdenkender gilt es zu schützen. Dennoch ist es befremdend, wenn ein AKPParlamentsabgeordneter in Günzburg für Erdogans Referendum wirbt, während fast zur selben Zeit fast am selben Ort eine türkische Gemeinde verlorenes Vertrauen wieder mühsam aufzubauen versucht. Was für eine Ohrfeige!