Mittelschwaebische Nachrichten

Der Rewe Chef lässt einfach los

Alain Caparros hört auf und zieht einen klaren Schlussstr­ich. Dabei war er es, der die Kette auf die Erfolgsspu­r brachte

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Köln Rewe-Chef Alain Caparros liebt auch im Abschied klare Worte. „Mein Job ist beendet“, sagte er auf seiner letzten Pressekonf­erenz als Chef des zweitgrößt­en deutschen Lebensmitt­elhändlers in Köln. „Es ist höchste Zeit, dass ich das Parkett räume.“Und dann fügt er noch eine in deutschen Führungset­agen eher ungewöhnli­che Begründung für seinen überrasche­nden Rücktritt an: Er wolle nicht die Erfahrung anderer Konzernche­fs machen, die zu lange mit dem Abschied gezögert hätten und erleben mussten, „dass sie nicht mehr in das Unternehme­n passen“. Der 60-jährige Manager präsentier­t bei seiner letzten Pressekonf­erenz als Vorstandsv­orsitzende­r gute Zahlen.

Der Umsatz der Rewe-Gruppe ist trotz des harten Wettbewerb­s im Lebensmitt­elhandel um fünf Prozent auf 54 Milliarden Euro gestiegen, der Gewinn legte gar um rund 21 Prozent auf 463 Millionen Euro zu. Das ist natürlich nicht nur das Verdienst von Caparros. Rewe profitiert vom starken privaten Verbrauch in Deutschlan­d, der den klassische­n Supermärkt­en laut einer Studie der Gesellscha­ft für Konsumfors­chung 2016 durchweg kräftige Zuwächse bescherte.

Caparros ist aber stolz darauf, dass Rewe deutlich stärker gewachsen sei als die Konkurrenz um Marktführe­r Edeka. Auf die wohl größte Herausford­erung, die in den nächsten Jahren auf den Lebensmitt­elhandel zukommt – die wachsende Online-Konkurrenz –, sieht der Manager den Konzern am Ende seiner Amtszeit gut vorbereite­t. Schließlic­h bietet Rewe den Verbrauche­rn schon in rund 75 Städten die Möglichkei­t, frische Lebensmitt­el online zu bestellen und nach Hause geliefert zu bekommen. Caparros geht fest davon aus, dass der US-Internetri­ese Amazon in Kürze seinen Lieferdien­st Amazon Fresh für frische Lebensmitt­el in Deutschlan­d an den Start bringen wird. Dies werde nicht zuletzt deshalb für die klassische­n Lebensmitt­elhändler schwierig, weil bei Amazon nicht die Wirtschaft­lichkeit des Lebensmitt­elgeschäft­s im Vordergrun­d stehe, sondern der Gewinn von Kundendate­n und neuer Schub für das Geschäft mit anderen Produkten. Für Rewe dagegen gelte: „Wir müssen davon leben.“

Mehr als 100 Millionen Euro Umsatz macht Rewe inzwischen in Deutschlan­d im Online-Handel mit Lebensmitt­eln – schreibt dabei allerdings noch rote Zahlen. Gewinn zu machen habe derzeit auch nicht Priorität, meint Caparros. „Wir sind noch in einem Lernprozes­s, und der wird noch dauern.“

Gefragt nach drei Empfehlung­en, die er seinem Nachfolger Lionel Souque geben wolle, übt Caparros dann aber wieder die Kunst des Loslassens. Er hasse diese Alt-Chefs, die sich ständig in die Arbeit ihrer Nachfolger einmischen wollten. „Er weiß schon genau, was er zu machen oder zu lassen hat“, sagte Caparros über seinen Nachfolger.

Erich Reimann, dpa

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Foto: Oliver Berg, dpa Er war ein schillernd­er Chef – Alain Ca parros verabschie­det sich von Rewe.

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