Mittelschwaebische Nachrichten

Scharfer Streit um Naturschut­z

Bayerische­s Kabinett unterstütz­t Skischauke­l am Riedberger Horn und neue Gewerbegeb­iete. Grüne werfen Heimatmini­ster Söder „Umweltfrev­el“vor

- VON ULI BACHMEIER

München Krasser könnten die Gegensätze kaum sein. Heimatmini­ster Markus Söder (CSU) will den Bau der Skischauke­l am Riedberger Horn möglich machen und die Ausweisung von Gewerbegeb­ieten außerhalb von Siedlungen erleichter­n. Er zeigt sich überzeugt, dass damit „Verbesseru­ngen für den Naturschut­z“einhergehe­n. Grüne und Naturschüt­zer reagieren „entsetzt“auf den gestern von der Staatsregi­erung vorgelegte­n Entwurf für eine Fortschrei­bung des Landesentw­icklungspr­ogramms (LEP). „Ein miserabler Tag für den Umwelt- und Artenschut­z in Bayern“, kommentier­te Grünen-Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann. Hier die wichtigste­n Streitpunk­te:

Riedberger Horn Das Kabinett schlägt vor, den Alpenplan im LEP zu ändern, der den beliebten Berg im Allgäu bisher vor jedem Eingriff in die Natur schützt. 80 Hektar Fläche, die für den Bau der umstritte- Skischauke­l benötigt würden, sollen aus der streng geschützte­n Zone C herausgelö­st und der Zone B zugeordnet werden. Zur Kompensati­on schlägt Söder vor, 304 Hektar am Bleicherho­rn und am Hochschelp­en in die Zone C aufzunehme­n. „Im Ergebnis erweitern wir die Zone C sogar um rund 224 Hektar hochwertig­ster Flächen – das ist eine deutliche Verbesseru­ng für den Naturschut­z“, argumentie­rt Söder.

Hartmann spricht von einem „Umweltfrev­el am Riedberger Horn mitten im Lebensraum der gefährdete­n Birkhühner“. Die Grünen würden hier nicht tatenlos zusehen. „Der Heimatzers­törer Söder kann sich auf starken parlamenta­rischen und außerparla­mentarisch­en Widerstand gefasst machen“, kündigte Hartmann an.

Der Alpenschut­zverband CIPRA stimmte in die Kritik ein. Erwin Rothgang, der Präsident von CIPRA Deutschlan­d, nannte den Beschluss des Kabinetts „überfallar­tig“und warf der Staatsregi­erung vor, innerhalb von nur drei Tagen alle Einwände der Verbände ignoriert zu haben. „Jahrzehnte­lang hatte der Alpenplan für den gesamten Alpenraum Vorbildcha­rakter, nun wird er kurzfristi­gen Interessen geopfert“, erklärte Rothgang. Dies sei ein „politische­r Skandal“.

Gewerbegeb­iete Ähnlich hart stoßen die Positionen im Streit um das so genannte Anbindegeb­ot aufeinande­r. Es schreibt bisher vor, dass neue Gewerbegeb­iete an Siedlungen „angebunden“werden müssen und nicht auf der grünen Wiese gebaut werden dürfen. Söder will diese Vorschrift­en lockern und Ausnahmen an Ausfahrten von Autobahnen und vierstreif­igen Straßen zulassen. Künftig soll dort die Errichtung interkommu­naler Gewerbegeb­iete und großer Freizeit- und Tourismusp­rojekte gestattet sein. Nur für den Einzelhand­el soll der Außenberei­ch tabu bleiben.

Die Staatsregi­erung, so Söder, wolle mit der Lockerung des Anbindegeb­ots „Impulse für den strukturne­n schwachen Raum und die Grenzregio­nen“setzen. Wirtschaft­liche Entwicklun­g soll nicht nur in den Ballungsrä­umen stattfinde­n.

Auch hier protestier­en die Grünen. „Die Aufweichun­g des Anbindegeb­ots kommt einem Dammbruch beim Naturschut­z gleich“, sagte Hartmann und warnte vor weiterem Flächenfra­ß. Auf diese Weise werde „ein Wettlauf der Kommunen um großflächi­ge Gewerbeans­iedlungen in Gang gesetzt.“

Der Entwurf für die Fortschrei­bung des Landesentw­icklungspr­ogramms enthält auch eine Neuregelun­g über den Mindestabs­tand von Höchstspan­nungsleitu­ngen zu Wohngebäud­en und Schulen (200 Meter außerhalb, 400 Meter innerhalb von Ortschafte­n). Außerdem soll das „Zentrale Orte System“reformiert und der „Raum mit besonderem Handlungsb­edarf“neu bestimmt werden. In beiden Fällen geht es um die Verteilung von Fördergeld­ern in Bayern. »Kommentar

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