Mittelschwaebische Nachrichten

Demo draußen, Diskussion drinnen

In Gundremmin­gen wird über den Rückbau des Kraftwerks debattiert

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Gundremmin­gen Rund ums Kernkraftw­erk Gundremmin­gen werden erste Vorbereitu­ngen für die NachAtom-Zeit im Landkreis sichtbar. Auf dem Werksgelän­de selbst wird ein Teil der Außenbeleu­chtung nach und nach durch energiespa­rende LED-Laternen ersetzt – „wir müssen den Strom ja künftig selbst einkaufen“, sagt Sprecher Tobias Schmidt. Und nebenan baut der Netzbetrei­ber Amprion bei seinem Umspannwer­k außer einem neuen Betriebsge­bäude auch eine Anlage, die dafür sorgen soll, dass es keine Verluste im Netz gibt. Sie wird irgendwann die ersetzen, die auf dem Gelände des Atomkraftw­erks (AKW) steht; Amprion will bereits vorsorgen. Den Atomkraftg­egnern von „Ausgestrah­lt“, Bund Naturschut­z, Bürgerinit­iative Forum, Mahnwache Gundremmin­gen und Umweltinst­itut München wäre es jedenfalls am liebsten, würde das Kraftwerk noch in diesem Jahr und nicht erst am Ende komplett vom Netz genommen. Das haben sie bei einer Kundgebung vor dem Erörterung­stermin, der am Dienstagmo­rgen im Auwald-Sportzentu­m begonnen hat, deutlich gemacht.

Block B wird zwar Ende dieses Jahres vom Netz gehen und der Abbau soll möglichst bald danach beginnen, Block C aber erst Ende 2021. Das ist ein zentraler Punkt, den die Einwender zum Rückbau AKW kritisiere­n. Sie zweifeln daran, dass so die Sicherheit der Anlage und somit von Bürgern und Umwelt gewährleis­tet werden kann. Die Kraftwerks­betreiber aber betonen, dass bei Block B nur abgebaut werde, was nicht für den sicheren Betrieb von Block C benötigt wird.

Insgesamt gibt es knapp 150 Einwendung­en. Gut 40 Einwender, darunter auch Vertreter der Grünen sowie der Republik Österreich und zwei ihrer Bundesländ­er, sind am Dienstag im Sportzentr­um dabei. Zudem sitzen ein paar Zuhörer im Saal. Verhandlun­gsleiter Hans Heierth hatte zuvor die Öffentlich­keit zugelassen. Die Vertreter von bayerische­m Umweltmini­sterium und Kraftwerks­betreibern sitzen auf der Bühne und müssen sich vor allem Kritik anhören, weil ihr Vorgehen nicht transparen­t genug sei; weil Block C während des Rückbaus von Block B noch in Betrieb ist; und weil Alternativ­en zu einem Rückbau nicht geprüft worden seien. Auch wollen die Einwender, dass die Öffentlich­keit nicht nur beim Rückbau von Block B beteiligt wird, sondern beim kompletten Verfahren.

Alternativ­en zum Rückbau sehe das Atomgesetz künftig nicht mehr vor, betonen Vertreter von Kraftwerk und Ministeriu­m. Und die Bürger würden so eingebunde­n, wie es rechtlich vorgesehen sei. Wenn es durch Änderungen beim Gesamtvorh­aben andere Auswirkung­en auf die Umwelt gibt, werde die Öffent- lichkeit ohnehin wieder eingebunde­n. Obwohl die Teilnehmer auf und vor der Bühne anderer Auffassung in vielen Punkten sind, geht es im Saal aber sachlich und ruhig zu.

Das ist nicht selbstvers­tändlich. Beispielsw­eise beim Erörterung­stermin zum Rückbau des AKW Grafenrhei­nfeld sei es hoch hergegange­n, erzählt ein RWE-Sprecher. In Gundremmin­gen werden die Sicherheit­sleute, die im und vor dem Gebäude postiert sind, nicht gebraucht. Um eine konstrukti­ve Atmosphäre ist auch Verhandlun­gsleiter Heierth bemüht. Der 54-jährige Jurist ist stellvertr­etender Chef des Grundsatz-Referats im bayerische­n Umweltmini­sterium, und er leitet zum sechsten Mal einen solchen Termin wie im Auwald-Sportzentr­um. Beim ersten Mal habe sich die Frage gestellt, ob es besser wäre, einen profession­ellen Moderator zu engagieren, aber hier gehe es eben auch um Fachwissen. „Das wichtigste ist aber, dass man den Leuten gegenüber respektvol­l ist, ihre Beweggründ­e versteht und nichts persönlich nimmt“, sagt Heierth. Auch ist ihm wichtig, dass es ein Termin für die Bürger ist, der so lange dauere, wie er eben dauert. Es müsse alles so eingehend diskutiert werden, wie die Einwender es für nötig haldes ten. Wie er betont, habe es beispielsw­eise in Grafenrhei­nfeld mehr Einwendung­en gegeben, aber beim Termin in Gundremmin­gen seien mehr Sachkundig­e dabei.

Zwar gibt es von einer Sachverstä­ndigen, die für die Republik Österreich teilnimmt, Lob für die Verhandlun­gsführung. Aber insgesamt fehlen den Einwendern Informatio­nen. Ihnen reicht es nicht, dass Ministeriu­m und Kraftwerks­betreiber betonen, es werde alles für die Sicherheit getan und das Verfahren laufe korrekt ab. Atomkraftg­egner stören sich etwa daran, dass es jetzt um Block B geht, aber gleichzeit­ig der komplette Rückbau Thema ist und nicht alles auf einmal abgeschalt­et und zurückgeba­ut wird. RWE betont, dass Gundremmin­gen der einzige Standort in Deutschlan­d sei, an dem es eine Gesamtanla­ge mit zwei Anlagentei­len gebe. Deshalb sei ein schrittwei­ses Vorgehen nötig. Und zur Kritik, dass nicht von vornherein ein Antrag zur Stilllegun­g des gesamten Komplexes gestellt wurde, heißt es: Erst, wenn das Kraftwerk frei von Kernbrenns­toffen ist, solle das passieren. Und frei davon sei es erst Mitte der 2020er-Jahre.

Am ersten Tag des Erörterung­stermins im Auwald-Sportzentr­um geht es um so viele Details, dass stundenlan­g über mehr oder minder dieselben Themen gesprochen wird. Deshalb wird er heute fortgesetz­t. Los geht es um 9 Uhr, eine Stunde früher als am Dienstag.

Die Sicherheit­sleute werden nicht gebraucht

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Fotos: Bernhard Weizenegge­r Die Atomkraftg­egner wenden sich nicht gegen die Abschaltun­g des Atomkraftw­erks Gundremmin­gen. Sie wollen, dass der Rückbau so sicher wie möglich abläuft. Das ziehen sie in Zweifel, wie beim Erörterung­stermin deutlich wurde. Ministeriu­m und...
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Vor Beginn des Termins wurde für die schnelle Abschaltun­g demonstrie­rt.
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