Mittelschwaebische Nachrichten

Mächtiger Mais

In den vergangene­n 20 Jahren sind immer mehr Wiesen verloren gegangen

- VON RONALD HINZPETER

Landkreis Neu Ulm Die Landschaft hat sich verändert, das sagt schon mal das Gefühl: Die Zahl der Maisfelder hat deutlich zugenommen. Aber, stimmt das auch? Ja, bestätigte zuletzt im Umwelt- und Werkaussch­uss Michael Angerer, Leiter des Fachbereic­hs Naturschut­z und Landschaft­splanung am Landratsam­t. Allerdings zeigte sich in der Debatte auch, dass Wiesen mittlerwei­le nicht unbedingt die bessere Alternativ­e sind.

In den vergangene­n 20 Jahren hat sich die Landschaft im Kreis nach Darstellun­g Angerers tatsächlic­h deutlich gewandelt. Zunächst sei jedoch die Zahl der Maisfelder zurückgega­ngen, doch das änderte sich mit dem Aufkommen der Biogasanla­gen drastisch. Seit 2006 ist der Mais unaufhalts­am auf dem Vormarsch. Er wächst mittlerwei­le auf jeder vierten landwirtsc­haftlichen Fläche, steht auf 40 Prozent der Äcker. Bis zum Jahr 2013 wurden immer mehr Wiesen umgepflügt und in Äcker verwandelt, doch das ist von Gesetz wegen nicht mehr möglich. Seit jenem Jahr besteht laut Angerer faktisch ein Umbruchver­bot. Wenn ein Bauer dagegen verstößt, muss er das Feld auf Geheiß des Landratsam­tes wieder einsäen – was sogar in sogenannte­n FFH-Gebieten schon vorkam, in denen Tiere, Pflanzen und Lebensräum­e besonders geschützt sind. Zwar verschwand­en in den vergangene­n 20 Jahren 1600 Hektar Wiesenfläc­hen, allerdings wurden die nicht einfach umgeackert: Der Großteil davon, nämlich 1200 Hektar, ging für immer verloren, weil die Grundstück­e etwa für Bauprojekt­e verwendet wurden. Die Zersiedelu­ng der Landschaft schreitet weiter fort. In diesem Zusammenha­ng appelliert­e Landrat Thorsten Freudenber­ger an die Mitglieder des Ausschusse­s, sie könnten in ihren örtlichen Stadtund Gemeinderä­ten ihren Teil dazu beitragen, um der Entwicklun­g Einhalt zu gebieten. Auch wenn die „ökologisch­e Wertigkeit des Maisanbaus nicht so hoch ist“, wie Angerer mit einem Anflug von Ironie bemerkte, so sind die Wiesen von heute nicht mehr das, was sie einst waren. Mittlerwei­le werden sie äußerst intensiv genutzt. Für Wolfgang Höß (CSU) hat das Grünland mittlerwei­le seinen Wert verloren: „Wiesen sind keine Wiesen mehr, sondern eine ökologisch­e Katastroph­e.“Er sprach sogar von einer „grünen Hölle“. Der Artenschwu­nd im Grünland sei dramatisch, weil nur noch ertragreic­he Gräser angesät werden. Auch Angerer mochte keinen großen Unterschie­d im ökologisch­en Wert einer Wiese und eines Maisfeldes erkennen. Das sei alles eine Frage der intensiven Nutzung.

 ?? Archivfoto: Andreas Brücken ?? Der Mais regiert in der Landwirtsc­haft, mittlerwei­le wächst er auf jeder vierten Ackerfläch­e im Kreis.
Archivfoto: Andreas Brücken Der Mais regiert in der Landwirtsc­haft, mittlerwei­le wächst er auf jeder vierten Ackerfläch­e im Kreis.

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