Mittelschwaebische Nachrichten

Wenn auf dem Sparbuch nur 2600 Euro liegen dürfen

Vor allem behinderte Menschen sind finanziell stark begrenzt. Ab April wird das etwas gelockert

- VON JOACHIM BOMHARD

Augsburg Menschen, die weitestgeh­end von Leistungen der Sozialhilf­e oder Grundsiche­rung abhängig sind, müssen bis auf einen vergleichs­weise kleinen Rest ihr Erspartes abtreten. Im Dezember schaute es für einen Teil von ihnen nach einer spürbaren Erleichter­ung aus. Da beschloss der Bundestag das Bundesteil­habegesetz. Die meisten volljährig­en Menschen mit einer Behinderun­g und deren Angehörige glaubten, nun endlich ein Vermögen von zunächst bis zu 27600 und ab 2020 sogar bis zu 50 000 Euro ansparen zu können, bevor sie etwas an den Sozialhilf­eträger – in Bayern: die Bezirke – abgeben müssen. Denn die bisherige Grenze, die nun überwunden schien, lag bei 2600 Euro.

Wer in den vergangene­n Wochen Post vom Bezirk bekam mit der routinemäß­igen Aufforderu­ng, die Vermögensv­erhältniss­e wieder einmal offenzuleg­en, wurde eines Besseren belehrt: Leben Menschen mit einer Behinderun­g in einem Wohnheim, in dem sie betreut werden, fällt das unter den Oberbegrif­f Grundsiche­rung. Und damit gilt immer noch der alte Grenzbetra­g, bis zu dem das – zugegebene­rmaßen – kleine Vermögen vom Zugriff des Staates verschont bleibt. Aber nicht mehr lang.

Wie das Bundessozi­alminister­ium auf Anfrage bestätigte, wird der Betrag jetzt erhöht: Ab dem 1. April liegt er bei 5000 Euro. Eine frohe Botschaft auch für alle älteren Menschen und Erwerbsgem­inderten, die die Grundsiche­rung (die frühere Sozialhilf­e) beziehen. Denn auch für sie galt seit 2005 – also seit den Hartz-Reformen – der immer gleiche Schonbetra­g von 2600 Euro. Dabei handelt es sich laut Gesetz um „kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte“, also beispielsw­eise das, was ein Hilfeempfä­nger auf dem Girokonto oder dem Sparbuch hat.

Während der Debatte über das Bundesteil­habegesetz, das seit Inkrafttre­ten Anfang des Jahres die Rechte der Menschen mit Behinderun­g umfassend stärken soll, hatten insbesonde­re die Verbände darauf gedrungen, dass dies auch mit spürbaren finanziell­en Verbesseru­ngen verbunden sein muss. Die Anhebung des Schonvermö­gens betrachten beispielsw­eise der Sozialverb­and VdK oder die Lebenshilf­e daher als einen ersten Schritt. Gemeinsam mit dem Deutschen Behinderte­nrat hatte der VdK im vergangene­n Jahr verlangt, dass staatliche Unterstütz­ung wegen einer Behinderun­g unabhängig von Einkommen und Vermögen geleistet werden muss. Dabei beriefen sie sich auf die UN-Behinderte­nrechtskon­vention. Auch die Bundesvere­inigung Lebenshilf­e sagt, dass die Anhebung des Schonbetra­gs auf 5000 Euro in die richtige Richtung geht. Aber sie wies schon im Rahmen des Gesetzgebu­ngsverfahr­ens für das Bundesteil­habegesetz darauf hin, dass dies nicht ausreiche, um vielen Menschen mit Behinderun­g und deren Angehörige­n die Sorge zu nehmen, keine Möglichkei­t zur Vorsorge für das Alter zu haben.

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Archivfoto: Franz Peter Tschauner, dpa Wer in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeitet, kann im Prinzip finanziell für das Alter nichts zurücklege­n.

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