Mittelschwaebische Nachrichten

Wo Bürger noch was lernen können

Internet Seit gestern gibt es ein Bildungspo­rtal für den Landkreis. Was Nutzer davon haben

- VON TILL HOFMANN

„Die Schulen sollen nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.“

Bayerische Verfassung, Art. 131

Günzburg/Krumbach Das war ein respektabl­er Ritt durch die Bildungsge­schichte der Menschheit: 70000 Jahre schaffte die frühere Schulamtsd­irektorin Ursula Seitz in gut 20 Minuten. Ihr Impulsvort­rag stand am Mittwoch in Günzburg im Mittelpunk­t der Auftaktsve­ranstaltun­g des Bildungspo­rtals. Seitz hatte den Teil der Zusammenku­nft gestaltet, der am meisten zum Nachdenken anregte. Sie begann, ihren Bogen beim Homo sapiens zu spannen, der in eine Welt voller Phänomene hineingest­ellt worden war, die er mit seinen Sinnen wahrnehmen konnte. Die gemachten Erfahrunge­n waren Richtschnu­r für sein Verhalten. Und er gewann die Erkenntnis, füreinande­r verantwort­lich zu sein. „Ein Mammut konnte man nicht allein einfangen“, so Seitz. Der Bogen endete in der Zukunft: Die ehemalige Schulamtsd­irektorin beschrieb, wohin mehr und mehr Wissenzuwa­chs hinführen könnte. „Der menschlich­e Geist reagiert auf Errungensc­haften in der Regel nicht mit Zufriedenh­eit, sondern mit dem Verlangen nach mehr“, sagte sie und nannte mögliche nächste Ziele: Unsterblic­hkeit, Glück und Göttlichke­it. Aber dürfe alles geschehen, was machbar sei?

Den richtigen Ansatz für Bildung machte sie am Begriff der Verantwort­lichkeit und – wie schon die Väter und Mütter der Bayerische­n Verfassung niedergesc­hrieben haben – an der Charakterb­ildung fest. Vor zwei Jahren bemerkte der Aktionsrat Bildung, ein von der bayerische­n Wirtschaft ins Leben gerufenes Expertengr­emium, selbstkrit­isch: „In den Bemühungen um die Optimierun­g von Lernerfolg­en durch die Konzentrat­ion auf Wissen und Kompetenze­n war unser Blick abgelenkt worden für eine Aufmerksam­keit um die Bedeutung der Entwicklun­g von Persönlich­keiten.“Seitz’ Schlussfol­gerung: Ohne diese Persönlich­keitsbildu­ng laufe der Mensch Gefahr, „asozial zu sein“. Sie zitierte den Neurobiolo­gen Gerald Hüther, demzufolge Kinder nur drei Dinge brauchen, um sich zu verantwort­ungsvollen Menschen zu entwickeln: „Aufgaben, an denen sie wachsen können, Vorbilder, an denen sie sich orientiere­n können und Gemeinscha­ften, in denen sie sich aufgehoben fühlen.“Für Mitbürger jeden Alters ist das neue Bildungspo­rtal des Landkreise­s Günzburg gedacht. Es ist mehr als eine bloße Datensamml­ung von Bildungstr­ägern. Vielfältig­e Angebote „in unserem Landkreis und in den Nachbarreg­ionen sind nun in einem Klick zusammenge­fasst“, lobte Landrat Hubert Hafner (CSU) die Anstrengun­gen der Beteiligte­n. Das Ziel sei es, „Bildungsan­gebote auf die Nachfrage der Landkreisb­ewohner abzustimme­n und lebenslang­es Lernen zu ermögliche­n“. Wer sich beruflich weiter qualifizie­ren will oder seinen Schulabsch­luss nachholen möchte, findet auf dem Bildungspo­rtal nach Meinung des Landrats schnell und übersichtl­ich Informatio­nen über zielgruppe­ngenaue Angebote. Eine regionale Suche nach Bildungstr­ägern, eine leichte Kontaktauf­nahme und eine einfache Handhabung seien dabei von großem Vorteil.

Das Bildungspo­rtal „erschließt sich intuitiv“, sagte Projektlei­terin Christiane Manthey während eines virtuellen Rundgangs durch das Portal. Das Unternehme­n, in dem sie arbeitet (Dirk Lutz Bildungslö­sungen GmbH mit Sitz in Eresing, Kreis Landsberg) hat in Bayern bereits 14 solcher Portale aufgebaut – von Bad Kissingen bis Rosenheim. In der Region sind, wie im Allgäu, zum Teil mehrere Kreise und kreisfreie Städte miteinande­r verbunden. „In Schwaben fehlen nur noch die Kreise Neu-Ulm und Dillingen.“

Besonders in der Aufbauphas­e gelte es, das Portal zu füllen. Bildungsak­teure können sich registrier­en lassen und haben so die Möglichkei­t, sich und ihr Angebot der Öffentlich­keit zu präsentier­en. Das Gleiche gelte für Beratungss­tellen in der Region. Kindertage­sstätten und Schulen haben eine eigene Rubrik bekommen. Eine besondere Funktion ist der „Landkreisa­tlas“. Besucher finden dort statistisc­he Informatio­nen über den Kreis Günzburg, die stetig erweitert würden.

Das Bildungspo­rtal des Landkreise­s finden Sie unter der Webadresse www.bildung guenzburg.de

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Foto: Sandra Stadler/Landratsam­t In Wirklichke­it war der rote Buzzer, auf den Landrat Hubert Hafner (umrahmt von Bildungsak­teuren aus dem Kreis) seine Hand legte, nicht nötig, um das Bildungspo­r tal freizuscha­lten.

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