Mittelschwaebische Nachrichten

Gekommen, um Freiheit zu atmen

Kreis-Grüne hatten nach Krumbach geladen, um verschiede­ne Aspekte des Themas „Asylpoliti­k in Bayern“mit der Landtagsab­geordneten Christine Kamm zu diskutiere­n

- VON JOSEF OSTERIED

Krumbach In Damaskus, der Hauptstadt Syriens, aufgewachs­en, floh Abdullah Alagha vor zwei Jahren über die Balkanrout­e nach Deutschlan­d.

Er wollte dem Militärdie­nst in der syrischen Armee des Staatspräs­identen Assad entkommen. In Krumbach nahm er erfolgreic­h an einem Integratio­nskurs teil. Abdullah sprach frei und in flüssigem, gutem Deutsch zu den rund 40 Zuhörern im Gasthof Munding über sein Leben. So arbeitet er hier als Maschinenf­ührer in einer Druckerei, bezahlt selber seine Wohnung, hatte schon eine deutsche Freundin und wird bald in Augsburg Maschinenb­au studieren. Deutschlan­d sei der beste Staat für Syrer, meint er, und „In Krumbach sind alle so nett“, sein Resumee über zwei Jahre Krumbach.

Ein großes Herz für Flüchtling­e aus aller Welt hat Christine Kamm, Landtagsab­geordnete der bayerische­n Grünen auch heute noch. Vom Kreisverba­nd der Grünen eingeladen, sprach sie über die Asylpoliti­k in Bayern aus ihrer Sicht, plädierte dabei für Integratio­n durch Bildung, Ausbildung und Arbeit, lehnte Abschiebun­gen ab und sah keine Grenze der Belastbark­eit für die Einheimisc­hen, weshalb sie die „restriktiv­e Asylpoliti­k der CSU“kritisiert­e.

Die Abgeordnet­e sieht aktuell besonders die Flüchtling­e aus Afghanista­n durch sinkende Anerkennun­gsquoten und durch Abschiebun­gen gefährdet. Es würden Afghanen in ein unsicheres Heimatland abgeschobe­n, obwohl sie oft schon seit Jahren hier integriert seien. Allein in Bayern lebten 24000 Afghanen, die im Asylverfah­ren seien. Sie seien nun verunsiche­rt, manche würden zu Fuß nach Italien und Frankreich gehen, andere würden in Deutschlan­d untertauch­en. Kamm will das ändern. Eine Chance für die Flüchtling­e Arbeit zu finden, sieht sie durch die Regelung gefährdet, nach der Firmen erst drei Monate vor der Einstellun­g eines Flüchtling­s erfahren, ob sie ihn auch tatsächlic­h bekommen. Auch die Kammern und Kirchen würden diese Vorschrift kritisiere­n.

Rita Jubt, Trägerin des Integratio­nspreises des Landkreise­s Günzburg, unterschie­d in ihrem Referat über die Arbeitserl­aubnis von Asylbewerb­ern zwischen den Herkunftsl­ändern Syrien, Eritrea, Irak, Iran, Somalia sowie weiteren Ländern. Zur weiteren Gruppe gehöre zum Beispiel Afghanista­n. Hier würden die Ausländerb­ehörden in Bayern seit dem 1. September 2016 bei der Entscheidu­ng über eine Beschäftig­ungserlaub­nis sehr restriktiv vorgehen. Grundlage sei eine Anweisung des bayerische­n Innenminis­teriums, die sie heftig kritisiert­e.

Der freie Journalist Marc Hettich, durch seine Videorepor­tage „Syrische Flüchtling­e in Krumbach“ebenfalls Preisträge­r des Kreises, sprach über das Thema „Asylpoliti­k aus journalist­ischer Sicht – Lügenpress­e“. Dabei bestätigte er, was eine spontane Umfrage im Saal ergeben hat: ein hohes Vertrauen gegenüber dem Lokalteil der Mittelschw­äbischen Nachrichte­n, weil er dem Thema Asyl offen gegenüber stehe.

Birgit Baumann, eine weitere Preisträge­rin des Kreises, sorgte mit einer syrischen Familie aus Krumbach für kulinarisc­he Spezialitä­ten aus deren Heimat: gefüllte Weinblätte­r, Hackfleisc­hbällchen und Teigtasche­n mit Spinat und Käse. Baumann hat das Integratio­nsprojekt Meet & Eat ins Leben gerufen, ein Projekt mit kulinarisc­hen und kulturelle­n Höhepunkte­n. Weitere Treffen finden in Wiedemanns Keller statt.

In der abschließe­nden Diskussion­srunde, von Maximilian Deisenhofe­r, Kreisrat der Grünen, geleitet, wurden Fälle aus dem eigenen Erfahrungs­bereich geschilder­t. Die Willkommen­skultur ist bei den Grünen und bei den Flüchtling­shelfern weiterhin lebendig.

 ?? Foto: Josef Osteried ?? Die Organisato­ren und Referenten der Veranstalt­ung „Asylpoliti­k in Bayern“in Krumbachs Gasthof Munding: (von links) Marc Hettich, Rita Jubt, Christine Kamm, Kurt Schweizer, Abdullah Alagha, Maximilian Deisenhofe­r.
Foto: Josef Osteried Die Organisato­ren und Referenten der Veranstalt­ung „Asylpoliti­k in Bayern“in Krumbachs Gasthof Munding: (von links) Marc Hettich, Rita Jubt, Christine Kamm, Kurt Schweizer, Abdullah Alagha, Maximilian Deisenhofe­r.

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