Mittelschwaebische Nachrichten

Jetzt wird der NPD der Geldhahn abgedreht

Bundesregi­erung, Bundestag und Bundesrat folgen einem Weg, den das Verfassung­sgericht vorgegeben hat

- VON MARTIN FERBER

Berlin Die hessische Stadt Büdingen nordöstlic­h von Frankfurt am Main war einfach zu schnell. Vier Vertreter der NPD sitzen in der Stadtveror­dnetenvers­ammlung. Doch ein Beschluss des Gremiums unter Berufung auf das NPD-Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts vom 17. Januar, dass Fraktionen „aus Vertretern erkennbar verfassung­sfeindlich­er Parteien oder Vereinigun­g“kein Geld mehr aus der Stadtkasse erhalten sollen, scheiterte vor Gericht. Die NPD klagte und bekam recht. Die Satzungsän­derung verstoße gegen den allgemeine­n Gleichheit­sgrundsatz des Grundgeset­zes, argumentie­rte der Hessische Verwaltung­sgerichtsh­of.

Doch der Sieg vor Gericht hilft der NPD nicht weiter. Weder in Büdingen noch sonst wo in Deutschlan­d. Denn Bundesregi­erung, Bundestag und Bundesrat sind fest entschloss­en, der Partei den Geldhahn abzudrehen und die Zahlungen im Rahmen der staatliche­n Parteienfi­nanzierung einzustell­en. So sollen noch vor der Bundestags­wahl im September das Grundgeset­z sowie weitere Gesetze im Bereich des Wahl- und Parteienre­chts geändert werden.

Es sei ein „nur schwer erträglich­er Zustand“, eine vom Bundesverf­assungsger­icht als verfassung­sfeindlich eingestuft­e Partei mit Steuermitt­eln zu unterstütz­en, sagte Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag in Berlin. Daher habe er eine mit Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) und Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) abgestimmt­e „Formulieru­ngshilfe“für das notwendige Gesetzgebu­ngsverfahr­en an die Spitzen der Regierungs­fraktionen CDU, CSU und SPD übersandt. Diese können nun sehr schnell die entspreche­nden Gesetze aus der Mitte des Parlaments einbringen.

Ähnlich drückte es auch Maas aus. „Feinde der Demokratie muss der Staat nicht finanziere­n.“Steuermitt­el für die NPD seien eine „staatliche Direktinve­stition in rechtsradi­kale Hetze“. Daher nehme man die Andeutunge­n des Verfassung­sgerichts zum Entzug der staatliche­n Parteienfi­nanzierung „sehr ernst“.

In der Tat hatten die Hüter der Verfassung am 17. Januar zwar den Antrag der Bundesländ­er, die NPD zu verbieten, abgelehnt, da die Partei insgesamt zu schwach und zu unbedeuten­d sei, um ihre Ziele zu erreichen. Gleichzeit­ig aber stellten sie fest, dass die NPD eindeutig verfassung­sfeindlich sei. In der mündlichen Begründung wies Gerichtspr­äsident Andreas Voßkuhle ausdrückli­ch darauf hin, dass es „andere Reaktionsm­öglichkeit­en“gebe, um die Partei zu bekämpfen, so den Entzug der staatliche­n Mittel. Nach geltendem Gesetz bekommen Parteien Unterstütz­ung, wenn sie bei der letzten Bundestags- oder Europawahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer Landtagswa­hl mindestens 1,0 Prozent der abgegebene­n Stimmen erhalten haben; für die ersten vier Millionen Stimmen sind es ein Euro pro Stimme, ab dann 83 Cent.

2015 bekam die NPD auf diese Weise 1,3 Millionen Euro aus der Staatskass­e – das ist ein Anteil von rund 40 Prozent des Parteietat­s von rund 2,9 Millionen Euro. Wegen der Abgabe falscher Rechenscha­ftsbericht­e musste die NPD allerdings in der Vergangenh­eit eine erhebliche Summe zurückzahl­en. Dies brachte die Partei an den Rand der Zahlungsfä­higkeit.

Für die Änderung des Grundgeset­zes sind jeweils Zwei-DrittelMeh­rheiten in Bundestag und Bundesrat notwendig. Die Länderkamm­er hatte schon im März eine Resolution Niedersach­sens einstimmig angenommen, in der eine Gesetzesin­itiative gefordert wurde, um die NPD und andere verfassung­sfeindlich­e Parteien künftig von der staatliche­n Parteienfi­nanzierung auszuschli­eßen.

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