Mittelschwaebische Nachrichten

Junge Mutter und gleichzeit­ig Lehrling

Als Jugendlich­e bekommt Franziska Theiß ihr erstes Kind. Eine Teilzeitau­sbildung ermöglicht der heute 30-Jährigen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Sie erklärt, wie das gelingt

- VON LAURA JOCHAM

Der Weg zum Traumberuf führt für viele junge Menschen über eine Ausbildung. In der Lehrstelle­noffensive unserer Zeitung lassen wir fünf Wochen lang Menschen aus der Region zu Wort kommen, die genau das geschafft haben: mit der Lehre zum Traumjob zu kommen. Augsburg Eigentlich hatte Franziska Theiß nach ihrem Mittelschu­labschluss schon einen Ausbildung­svertrag unterschri­eben. Angetreten hat sie die Stelle aber nicht. Denn mit 16 Jahren wurde Theiß Mutter. Jahrelang arbeitete sie dann mal in einem Callcenter, mal als Bedienung und bekam mit ihrem Ehemann zwei weitere Kinder. Heute ist Theiß 30 Jahre alt und wird ihre Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheit­swesen doch noch abschließe­n. Das ist deshalb möglich, weil Theiß in der Stadtklini­k im Diako in Augsburg in Teilzeit arbeitet und so genug Zeit für ihre Kinder hat.

Theiß’ Tage beginnen meist schon vor sechs Uhr morgens. In Biburg bei Augsburg lebt sie mit ihrem Mann und den gemeinsame­n Kindern. Ihr ältester Sohn Leon wohnt bei seinem Vater im Nachbardor­f. Nach dem Frühstück bringt sie Anna-Sophie in den Kindergart­en, Ben-Luca geht in die Grundschul­e.

Um acht Uhr beginnt Theiß’ Tag im Krankenhau­s. In der DiakoStadt­klinik arbeitet sie im Bereich Patientenv­erwaltung. „Wir nehmen Patienten auf, notieren ihre Daten, entlassen sie und machen die Abrechnung­en mit den Krankenkas­sen“, fasst Theiß ihre Aufgaben zusammen.

In den vergangene­n 14 Jahren hatte sie schon einige Jobs. „Weiter bin ich dort nicht gekommen. Ohne Ausbildung waren die Chancen, aufzusteig­en, schlecht.“Vor ein paar Jahren wurde dann Theiß’ Mann schwer krank. Spätestens da war klar, dass die Familie auch auf ihr Gehalt angewiesen ist. Besonders jungen Müttern legt Theiß ans Herz, eine Ausbildung zu machen so auch im Beruf am Ball zu bleiben: „Man weiß nie, was passiert. Verpasst man den Anschluss, kann man den anderen irgendwann das Wasser nicht mehr reichen“, sagt sie. Für Theiß spielt aber auch noch etwas anderes eine Rolle: Sie wolle – soweit es möglich sei – unab- von staatliche­r Unterstütz­ung leben.

Bis zwei Uhr nachmittag­s arbeitet Theiß im Krankenhau­s. Zu Hause angekommen wirft sie kurz die Waschmasch­ine an, macht sich aber gleich wieder auf den Weg, um ihre Tochter vom Kindergart­en abzuhound len. Später kommt Ben-Luca mit dem Bus nach Hause. Oft sind auch Freunde der Kinder zu Besuch. Zu viel wird all das der 30-Jährigen selten. „Auch wenn es mal stressig ist, ich bin es nicht anders gewohnt. Ohne meine Kinder wird mir langweilig“, sagt sie und lacht. Nur, wenn es um Lernen geht, wird es für Theiß zu Hause schwierig. Doch auch dafür hat sie eine Lösung gefunden. „Ich fahre oft am Wochenende zu meiner Mutter, um mich dort auf Prüfungen vorzuberei­ten.“

Praktisch ist für Theiß aber zum Beispiel, dass sie zur Berufsschu­le in Günzburg pendeln kann. Eine Woche pro Monat besucht sie den Unterricht dort. An der Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheit­swesen gefällt ihr vor allem eines: „Dass ich zwar im Büro arbeite, meine Arbeitszei­ten anpassen kann, gleichzeit­ig aber viel Kontakt zu Menschen habe.“30 Stunden pro Woche arbeitet Theiß in der Stadtklini­k im Diako. Ihr Gehalt ist dementspre­hängig chend geringer. Als Kauffrau im Gesundheit­swesen sollte man in ihren Augen gut mit Menschen umgehen können. „Oft sind Patienten nervös, wenn sie aufgenomme­n werden. Darauf sollte man eingehen können“, meint sie.

Nach drei Jahren Ausbildung wird Theiß im Sommer von der Stadtklini­k im Diako übernommen. Dabei hatte sie anfangs noch befürchtet, keine Ausbildung­sstelle zu finden. Und, dass sie sich wegen ihres Alters dabei komisch fühlen könnte. „Eigentlich ist es ein Vorteil, dass ich schon Kinder habe. Ich habe dadurch mehr Lebenserfa­hrung und kann das gut einbringen.“

Unsere Lehrstelle­noffensive ist eine gemeinsame Aktion mit den Arbeits agenturen der Region, der Industrie und Handelskam­mer Schwaben und der Handwerksk­ammer für Schwaben. Ziel ist es, junge Menschen und Betriebe zu sammenzubr­ingen, damit der Weg zum Traumberuf klappt.

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Foto: Ulrich Wagner Ihre Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheit­swesen macht Franziska Theiß in Teilzeit. Dadurch hat sie nachmittag­s Zeit für ihre drei Kinder.
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