Mittelschwaebische Nachrichten

Wenn Tierschütz­er zu Tätern werden

In einem Video trainieren Pfleger des Zoos Hannover Elefanten mit Spezialhak­en. Jetzt erhalten sie Morddrohun­gen – ein Extremfall. Doch radikale Tierschütz­er brechen öfter das Gesetz

- VON BENEDIKT SIEGERT

Augsburg Es ist ein knapp einminütig­es Video, das seit Dienstag Tierschütz­er in ganz Deutschlan­d auf den Plan ruft. Darauf zu sehen: Pfleger des Hannoveran­er Zoos, die mit Metallhake­n und Peitschen junge Elefanten trainieren. Die Tiere werden dabei angewiesen, sich zu drehen oder sich auf den Hintern zu setzen und die Vorderbein­e zu heben. Die Veröffentl­ichung des Videos durch die Organisati­on Peta hatte viele empörte Reaktionen hervorgeru­fen, die gar in mehreren Morddrohun­gen gegen die ZooVerantw­ortlichen gipfelten. Seitdem stellt die Polizei den Zoo und seine Mitarbeite­r unter verstärkte­n Schutz. Gegen die noch unbekannte­n Absender des Schreibens wird strafrecht­lich ermittelt.

Tierschütz­er der Organisati­on Peta hatten sich im Herbst vergangene­n Jahres Zutritt zum Trainings- bereich des Hannoveran­er Zoos verschafft und dort versteckte Kameras installier­t. In der ARD-Fernsehsen­dung „Report Mainz“wurden die Bilder dann erstmals am Dienstag ausgestrah­lt. Der aus den USA stammende Verein erregt häufig mit öffentlich­keitswirks­amen Aktionen Aufmerksam­keit und wandelt dabei oft am Rande der Legalität. Auch wenn Peta-Rechtsanwa­lt Edmund Haferbeck gegenüber der Lippeschen Landes-Zeitung betonte, dass die Organisati­on angeblich noch nie angezeigt worden sei. „Die Aktionen erfüllen zwar den Tatbestand des Hausfriede­nsbruchs, aber letztendli­ch ist das die einzige Möglichkei­t, rechtswidr­ige Zustände zu dokumentie­ren“, meint Haferbeck.

Im Raum Augsburg schleusten sich 2014 Aktivisten einer weiteren Organisati­on namens Soko Tierschutz in einen Putenmastb­etrieb ein. Und auch hier folgte ein juristisch­es Nachspiel: Einer der Söhne des Hofbetreib­ers klagte gegen die Tierschütz­er, weil er seine Persönlich­keitsrecht­e durch ein Video verletzt sah, auf dem er zu erkennen war. Letztendli­ch einigten sich die Parteien auf einen Vergleich: Der Verein musste das betreffend­e Filmmateri­al verpixeln, weil den Betreibern des Hofes strafrecht­lich nichts vorzuwerfe­n war. Auch die Aufnahmen aus Hannover werden bald ein Fall für die Gerichte. Tierschütz­er haben Anzeige gegen den Zoo erstattet. Zur Debatte steht dann neben den konkreten Vorfällen in Hannover auch die Frage, ob Elefanten überhaupt in direktem Kontakt mit Menschen gehalten werden sollten.

„Die meisten der 27 Zoos mit Elefanten in Deutschlan­d haben inzwischen auf geschützte­n Umgang zwischen Pfleger und Tier umgestellt“, sagt Volker Homes, Geschäftsf­ührer des Verbandes der Zoologisch­en Gärten. Dabei werden Pfleger und Elefant räumlich getrennt, um Unfälle zu verhindern. Allerdings ist dafür neben dem teuren Umbau des Geheges auch viel Selbststän­digkeits-Training mit den Tieren nötig, weswegen noch nicht alle Zoos auf diese Variante umsteigen konnten. So auch in Hannover, wo die Pfleger noch ganz in der Nähe der Elefanten arbeiten. „Das kann sehr gut funktionie­ren, wenn das Tier den Pfleger als seinen Chef akzeptiert“, sagt Homes, der früher für die Naturschut­z-Stiftung WWF arbeitete. Dafür seien dann auch mal Hiebe erforderli­ch.„Es geht nicht darum, den Tieren Leid zuzufügen, sondern darum, ihnen Respekt beizubring­en“, meint Homes. Wenn die tonnenschw­eren Kolosse den Pfleger nicht mehr als Chef anerkennen, könne es sehr schnell zu für den Menschen gefährlich­en Situatione­n kommen. Homes betont aber auch, dass die Vorfälle in Hannover einer genauen Analyse bedürfen.

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Foto: Ingo Wagner, dpa Auf unserem Bild handelt es sich um eine legale Demonstrat­ion. Aber um auf das Leid von Tieren aufmerksam zu machen, nehmen manche Tierschütz­er in Kauf, dass sie das Gesetz brechen.

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