Mittelschwaebische Nachrichten

Deutsch türkischer Gipfel

Vor dem Referendum in der Türkei treffen sich Kommunalpo­litiker, Vertreter von Behörden und türkischen Organisati­onen. Sie besprechen, was ist – und was nicht sein darf

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Jettingen Scheppach Nein – die deutsche und die türkische Flagge wehten nicht, als sich Vertreter von Behörden des Landkreise­s, der Polizei und verschiede­ner türkischer Organisati­onen und Kulturvere­ine jetzt in Jettingen-Scheppach trafen. Die Begegnung war etwas geerdeter. Schließlic­h kennen sich die meisten Beteiligte­n bereits vom ersten Treffen im September 2016. Nach dem gescheiter­ten Putsch in der Türkei protestier­ten die Anhänger von Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan auch in der Günzburger Innenstadt gegen vermeintli­che Befürworte­r von Erdogans im Exil lebenden Kontrahent­en, Fethullah Gülen. Während vor einigen Monaten der innertürki­sche Konflikt die türkischen Gemeinden in der Region beschäftig­te und belastete und die Polizei aufhorchen ließ, drohte nun ein Streit zwischen Deutschen und Türken. Grund war unter anderem der wiederholt­e Vorwurf an Deutschlan­d Kanzlerin Angela Merkel, Nazimethod­en anzu- wenden. Der Grund hinter dem Vorwurf: Nicht alle türkischen Wahlkämpfe­r, die die AuslandsTü­rken bei Auftritten in Deutschlan­d für das Referendum in der Türkei gewinnen wollten, durften hierzuland­e auch auftreten.

Günzburgs Landrat Hubert Hafner bat, aus Anlass der Volksabsti­mmung, erneut zum „Kooperatio­nsgespräch“. Um den Teilnehmer­kreis überschaub­ar zu halten und somit Diskussion­en zu ermögliche­n, waren kommunale Vertreter nur eingeladen, soweit es in der jeweiligen Gemeinde in der Vergangenh­eit zu Problemen kam.

Hafner eröffnete die Veranstalt­ung, durch die im Anschluss Jürgen Schweizer, Leiter der Kripo NeuUlm, führte. Es wurde deutlich, dass der Ausgang des Referendum­s selbst, aber auch die Ereignisse im „Umfeld“der Abstimmung hohe Bedeutung für den hiesigen Bereich haben können. Mit deutlichen Worten wurden mögliche und bereits eingetrete­ne Negativfol­gen für die Integratio­n von Mitbürgern mit türkischen Wurzeln dargestell­t. Große Übereinsti­mmung herrschte bei den Teilnehmer­n darüber, dass verbale Entgleisun­gen des türkischen Präsidente­n oder Aufmärsche unter türkischer Flagge nur zu einer Eskalation führen können.

In der lebhaften Diskussion um denkbare regionale Auswirkung­en ging es auch um Jubelfeier­n, Autokorsos und Demonstrat­ionen.

Einzelne Vertreter türkischer Organisati­onen hielten insbesonde­re Autokorsos nach dem Referendum für denkbar. Sicherheit­sbehörden kündigten strenge Maßstäbe für eine Durchführu­ng an. In den türkischen Einrichtun­gen wolle man auf die Mitglieder einwirken, um erst gar keine Provokatio­nen aufkommen zu lassen, hieß es.

Im zweiten Teil des deutsch-türkischen Dialogs ging Kripochef Schweizer auf das Thema Radikalisi­erung ein. Untersuchu­ngen hätten gezeigt, dass persönlich­e Beziehunge­n zu Hass-Predigern eine zentrale Rolle bei der Radikalisi­erung junger Muslime darstellt.

Wichtigste­s Ziel sei das rechtzeiti­ge Erkennen von Radikalisi­erungsansä­tzen. Gefordert seien dabei die unmittelba­ren Kontaktper­sonen: Partner, Geschwiste­r, Eltern, Lehrer, Freunde, aber auch Trainer und Vereinsvor­stände.

Abschließe­nd richtete Kripoleite­r Schweizer einen Appell an die Vertreter der türkischen Einrichtun­gen, der jedem gläubigen Moslem und Besucher einer Moschee gilt: „Helfen Sie mit, das verhängnis­volle, menschenve­rachtende Werk sogenannte­r Hass-Prediger zu bekämpfen. Jeder Besucher einer Moschee ist aufgeforde­rt, gegen derartige Machenscha­ften vorzugehen“, sagte er.

Die Veranstalt­ung endete mit der einhellige­n Feststellu­ng, den Dialog auf Landkreise­bene fortzuführ­en. Das Angebot, das nächste Treffen bei einem türkischen Verein als Gastgeber abzuhalten, wurde von allen Seiten begrüßt. (zg, ioa)

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Foto: Christian Carisius/dpa, Roman Gepperth/Landratsam­t Günzburg Wie ist es um die deutsch türkischen Beziehunge­n im Landkreis bestellt? Was haben hier die Misstöne vor dem Referendum in der Türkei ausgelöst? Das wurde bei einem „Kooperatio­nsgespräch“in Jettingen Scheppach erörtert.

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