Mittelschwaebische Nachrichten

Taekwondo gibt ihr den Kick

Porträt Sandra Stenzel-Gruber ist eine der besten Kämpferinn­en Deutschlan­ds. Für sie ist der Kampfsport ein Lebensweg. Trotzdem will sie nicht in die Fußstapfen ihres Vaters treten

- VON ALEXANDER SING

Krumbach Sandra Stenzel-Gruber tastet nach dem Fichtenhol­zbrett über ihrem Kopf. Sie trägt eine Augenbinde, kann das Brett nicht sehen. Dann geht sie in Position. Ein schneller Kick aus der Drehung. Doch das zwei Zentimeter dicke Holz hält. Zweiter Versuch. Ein kurzer Schrei, ein harter Tritt und das Holz splittert. Es sind StenzelGru­bers letzte Prüfungen für den siebten Dan. Am Ende des Tages kann sie sich über das beste Ergebnis aller Teilnehmer bei der BundesDan-Prüfung in Dillingen freuen (siehe unten stehender Artikel). Nur drei Frauen in ganz Deutschlan­d tragen den siebten Meistergra­d im Taekwondo. Die 39 Jahre alte Krumbacher­in ist mit Abstand die Jüngste.

In der Kampfschul­e ihres Onkels Heinz Gruber sitzt sie eine Woche später an einem Holztisch und zeigt stolz die Urkunde, die belegt, dass sie die Prüfung für den dritthöchs­ten Taekwondo-Grad geschafft hat. Zwei bis drei Mal pro Woche trainiert sie. Außerdem gibt sie selbst Kurse und leitet die Filiale der Kampfschul­e Gruber in Mindelheim. Nebenbei ist sie noch im Vorstand der SG Krumbach aktiv. Ein Leben ganz für das Taekwondo also? „Für mich ist Taekwondo ein Lebensweg. Es ist nicht nur Sport, sondern auch eine Einstellun­g.“Na- türlich sei es, vor allem als Frau, auch praktisch, wenn man sich verteidige­n kann. Wer Taekwondo trainiert, dem würden aber nicht nur Kampftechn­iken vermittelt, sondern auch Werte wie Respekt, Disziplin, Geduld. Nicht umsonst steht das „Do“in Taekwondo für Weg. „Jeder Taekwondo-Schüler macht im Laufe der Zeit eine persönlich­e Entwicklun­g durch.“Sie helfe einem in allen Lebenslage­n. Auch deshalb freut sich Sandra Stenzel-Gruber, dass ihre beiden sieben und neun Jahre alten Kinder ebenfalls mit dem koreanisch­en Kampfsport angefangen haben. Wie sie selbst auch, kennen sie Taekwondo von klein auf.

Onkel Heinz Gruber eröffnete bereits 1968 in Krumbach eine Schule für den damals in Deutschlan­d noch völlig unbekannte­n Sport. Gemeinsam mit Bruder Reinhold, dem Vater von Sandra Stenzel-Gruber, gründete Heinz Gruber 1971 die SG Krumbach, die heute 650 Mitglieder zählt. Beide Brüder sind absolute Koryphäen und sowohl als Aktive als auch als Funktionär­e und Prüfer jahrzehnte­lang auf höchstem Niveau aktiv gewesen. Kein Wunder, dass Kinder und Enkel auch dem Taekwondo verfallen sind. Dazu gedrängt wurde sie aber nicht, betont Sandra Stenzel-Gruber: „Ich habe erst mit zehn Jahren angefangen, für heutige Verhältnis­se ist das relativ spät. Vorher habe ich lieber Tennis gespielt.“

In ihrer Jugend war sie im Leistungss­port aktiv, gewann unter anderem 1994 die Internatio­nale Deutsche Meistersch­aft, ein Turnier, bei dem auch ausländisc­he Kämpfer zugelassen sind. Mit 18 Jahren entschied Stenzel-Gruber aber, dass eine Profi-Karriere nicht das richtige für sie ist. „Damals habe ich eine Ausbildung zur Arzthelfer­in gemacht. Durch Verletzung­en aus den Kämpfen war ich ständig krank geschriebe­n. Da habe ich entschiede­n, dass ich das so nicht machen möchte.“Heute seien Kämpfer zwar wesentlich besser geschützt, der Sport insgesamt sei gesundheit­sorientier­ter geworden. Der Vollkontak­t-Kampf, wie er auch bei den Olympische­n Spielen zu sehen ist, sei aber ab einem gewissen Alter ohnehin nicht mehr reizvoll. „Der Körper lässt eben auch nach.“

Statt um Medaillen zu kämpfen, stieg Sandra Stenzel-Gruber ins Familienun­ternehmen ein. „Mit 18 hat mir mein Vater ein Auto und die Schlüssel zur Taekwondo-Schule in Mindelheim gegeben“, erzählt sie schmunzeln­d. Ein Leben ohne Taekwondo kann sie sich heute gar nicht mehr vorstellen. In die Fußstapfen von Vater und Onkel treten will sie aber (noch) nicht. „Ich bin immer noch Frau und Mutter und investiere jetzt schon sehr viel. Was später kommt, wenn die Kinder groß sind, kann ich natürlich nicht sagen.“Ihr nächstes Ziel hat sie aber schon vor Augen: In sieben Jahren erlaubt das Taekwondo-Regelwerk Sandra Stenzel-Gruber die Prüfung für den achten Dan ablegen. Bis dahin wird sie noch einen langen Weg gehen.

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Fotos: Alexander Sing Sandra Stenzel Gruber betreibt seit ihrem zehnten Lebensjahr Taekwondo. Als eine von nur drei Frauen in Deutschlan­d hat sie den siebten Dan.
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Den schwarzen Gürtel gibt es ab dem ersten Dan.
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Solche Bretter zerschlage­n Taekwondo Kämpfer.

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