Mittelschwaebische Nachrichten

Spicers windiger Hitler Vergleich

Der Sprecher des US-Präsidente­n bringt sich wieder mal in Bedrängnis. Er ist längst zur Belastung für Trump geworden

-

Washington Sean Spicer sorgt im Presseraum des Weißen Hauses des Öfteren für Stirnrunze­ln und irritierte Blicke unter den Journalist­en. Aber diesmal hat der Sprecher von US-Präsident Donald Trump noch einmal einen draufgeset­zt. Um klarzumach­en, warum Russland endlich die Unterstütz­ung für den syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad einstellen müsse, bemüht Spicer einen Vergleich zur Nazizeit. Er sagt, nicht einmal eine so verabscheu­ungswürdig­e Person wie Adolf Hitler sei so tief gesunken, Chemiewaff­en einzusetze­n.

Es ist ein Satz, der suggeriert, Assad sei schlimmer als der Diktator, weil er Giftgas gegen das eigene Volk eingesetzt habe. Vergleiche mit der Nazizeit sind immer heikel. Spicer hätte wissen können, dass er sich damit auf sehr dünnes Eis begibt. Mit dem Satz offenbart er aber zugleich eine große Portion Unkenntnis, lässt er doch historisch­e Fakten außer acht. Es sind die Journalist­en, die Spicer an die Gaskammern der Nazis erinnern müssen. Daran, dass Hitler Millionen Menschen umbringen ließ – Juden, Sinti und Roma, psychisch Kranke und andere –, auch mit Giftgas. Noch während der Pressekonf­erenz gibt eine Reporterin Spicer die Gelegenhei­t, den Vergleich zu erklären. Er ist bemüht, die Worte geradezurü­cken, es gelingt ihm nicht. Er gerät ins Straucheln. Er sagt, Hitler habe Giftgas nicht auf dieselbe Art eingesetzt wie Assad. Als ein anderer Reporter daraufhin ruft, Hitler habe Juden vergast, schiebt er schnell hinterher: „Er hat es in die Holocaust-Zentren gebracht, das ist mir klar. Aber was ich zum Ausdruck bringen will, ist die Art, wie Assad es eingesetzt hat, indem er in die Städte geht und es über den Stadtzentr­en abwirft.“

Auch mit dem Begriff „Holocaust-Zentren“erntet er ungläubige Blicke im Presseraum. Es wird deutlich, dass er die Konzentrat­ionslager meint, aber der Ausdruck ist kein Synonym dafür. Das richtige Wort ist ihm offensicht­lich nicht eingefalle­n. Es ist nicht ganz klar, was Spicer überhaupt zu dem Vergleich bewegt hat. Hat er keine Ahnung von Hitlers Gräueltate­n in den Konzentrat­ions- und Vernichtun­gslagern? Oder hat er sie im Eifer schlicht vergessen?

Der 45-Jährige hat in den vergangene­n Monaten schon oft eine unglücklic­he Figur gemacht. Bei seinem ersten Auftritt log er in fünf Minuten nachweisli­ch fünf Mal. Immer wieder tappte er ins Fettnäpfch­en. Mal sprach er über einen Terroransc­hlag in Atlanta, den es gar

Seine Auftritte sind von Nervosität geprägt

nicht gab. Mal bezeichnet­e er Nigel Farage als Staatschef. Spicer wirkt manchmal so, als stünde er bei den Pressekonf­erenzen im Weißen Haus unter sehr großem Druck. Seine Auftritte sind oft hektisch, die ganze Körperspra­che strahlt Nervosität aus. Der Mund steht nicht still, die Augen springen von rechts nach links. Er fängt Sätze an, ohne sie zu Ende zu bringen, verliert sich in seinen Ausführung­en.

Der CNN-Journalist Wolf Blitzer will am Dienstagab­end von Spicer wissen, ob er denn nicht gewusst habe, dass die deutschen Nationalso­zialisten Juden und andere Menschen in Gaskammern umgebracht haben. Blitzers Eltern überlebten den Holocaust, seine Großeltern wurden von den Nazis ermordet. Spicer sagt, er habe natürlich davon gewusst. Sein Vergleich sei ein Fehler gewesen. Er entschuldi­gt sich. Aber in Washington machen da schon längst Rücktritts­forderunge­n die Runde. (afp)

 ?? Foto: Saul Loeb, afp ?? Indisponie­rt oder generell überforder­t. Der Sprecher des US Präsidente­n, Sean Spi cer, setzt sich mit einem Hitler Vergleich in die Nesseln.
Foto: Saul Loeb, afp Indisponie­rt oder generell überforder­t. Der Sprecher des US Präsidente­n, Sean Spi cer, setzt sich mit einem Hitler Vergleich in die Nesseln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany