Mittelschwaebische Nachrichten

Volksbanke­n verlangen Abhebegebü­hren

Auch in der Region gibt es Genossensc­haftsbanke­n, deren Kunden Geld zahlen müssen, wenn sie Scheine an hauseigene­n Automaten holen. Vier Banken sind betroffen

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg 58 Prozent der Schwaben sind Kunden bei einer Volks- und Raiffeisen­bank. Das geht aus den Zahlen des bayerische­n Genossensc­haftsverba­ndes hervor. Ihnen allen dürfte ein bisschen bang werden. Denn nun steht fest, dass nach den Sparkassen auch einige VR-Banken Gebühren für das Geldabhebe­n an hauseigene­n Automaten verlangen. 1000 Genossensc­haftsbanke­n hat das Finanzport­al Biallo untersucht und kam dabei zu dem Ergebnis, dass mindestens 160 Institute Gebühren erheben, wenn ihre Kunden zum eigenen Geldautoma­ten gehen. „Etwa ein Drittel der Genossensc­haftsbanke­n zeigen ihre Preise aber gar nicht im Internet an“, sagt Horst Biallo, Betreiber des Portals. Die Anzahl der Banken, die für Barauszahl­ungen am Automaten Geld nehmen, liegt seiner Schätzung nach deshalb noch höher.

In unserer Region gehören vier Banken zu den 160 Häusern: die Genossensc­haftsbank Unterallgä­u, die Raiffeisen­bank Kissing-Mering, die VR-Bank Neuburg-Rain und die Raiffeisen­bank Wemding.

Im deutschlan­dweiten Vergleich kostet das Geldabhebe­n vor allem in ländlichen Gebieten Geld, wo die Konkurrenz durch Privatbank­en klein ist, fand Biallo heraus. Manche Banken „tricksen, täuschen, tarnen“nach Meinung des BialloTeam­s. So fallen bei ihnen in der Mittagszei­t und nach Feierabend Gebühren an – also dann, wenn viele Menschen Bargeld holen. Die Auswertung des Portals ergibt auch, dass bei vielen eine bestimmte Anzahl an Abhebungen kostenlos ist. Wird sie überschrit­ten, kostet es etwas. Die Tester bemängeln, dass für Kunden oft nicht ersichtlic­h ist, wann die Anzahl überschrit­ten sei.

Ganz so teuer, wie es nun klingt, wird es aber nicht – zumindest nicht bei den betroffene­n Banken in unserer Region. Sie alle bieten verschiede­ne Kontomodel­le an. Grob gesagt kann man ihre Gebührenmo­delle so zusammenfa­ssen: Je günstiger die monatliche Grundgebüh­r ist, desto wahrschein­licher kostet das Abheben am Automaten Geld. So sagt etwa Wilhelm Feil von der VRBank Wemding: „Bei unserem günstigste­n Kontomodel­l kostet das Geldabhebe­n nach dem zehnten Mal im Monat Gebühren, und zwar 35 Cent.“Dafür spart der Kunde im Vergleich zum nächst teureren Modell zwei Euro Grundgebüh­r im Monat. „Es gibt Menschen, für die sich das lohnt, weil sie nur selten Bargeld abheben“, sagt er. Ähnlich argumentie­ren auch seine Kollegen Philipp Karmann von der VR-Bank Neuburg-Rain und Volker Leinich von der Genossensc­haftsbank Unterallgä­u.

In beiden Banken gibt es jeweils ein Kontomodel­l, bei dem Bargeldabh­ebungen etwas kosten. Kunden der VR-Bank Neuburg-Rain zahlen ab der fünften Einzahlung oder Abhebung 56 Cent. Im Unterallgä­u kostet jedes Abheben am Automaten 45 Cent, am Schalter ist es kostenlos. „Das Gros unserer Kunden hat ein Online-Konto, bei dem ist Geldabhebe­n umsonst“, sagt der Unterallgä­uer Leinich.

Die Raiffeisen­bank Kissing-Mering hat ein anderes Verfahren. Dort sind bei drei von vier Kontomodel­len jeweils 50 Buchungen im Monat kostenlos. Danach werden für jede Buchung zehn Cent berechnet – auch das Geldabhebe­n. „Kunden mit normalem Verhalten werden diese Anzahl in der Regel nicht überschrei­ten und heben kostenlos Geld ab“, sagt Christian Hintermair von der Raiffeisen­bank KissingMer­ing. Alle vier Banken in der Region betonen: Diese Kontomodel­le gebe es seit Jahren. Mit der Zinspoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k hätten die Gebühren nichts zu tun.

Mit den Niedrigzin­sen erklären sich Experten die Gebühren. Die Geldinstit­ute hätten früher mit den Einlagen ihrer Kunden Einnahmen erwirtscha­ftet, sagt Professor Martin Faust von der Frankfurt School of Finance. Das falle nun weg, weil die Zinsen so gering sind. Also suchen die Banken nach neuen Einnahmequ­ellen. Gebühren für die Kontoführu­ng oder fürs Geldabhebe­n seien eine Methode. Dazu komme, dass der Unterhalt eines Geldautoma­ten nicht billig sei. „Die Banken zahlen dafür eine Versicheru­ng und müssen dafür sorgen, dass immer genug Bargeld vorhanden ist. Das kostet Geld“, sagt Faust. Er glaubt aber, dass diese Dienstleis­tungen irgendwann alle etwas kosten werden. Aus Sicht des Experten heißt das für den Verbrauche­r: Er muss genau hinschauen und nachrechne­n. Wie oft hebt er im Monat Geld ab und wie viele Überweisun­gen fallen an? Nur so findet der Kunde heraus, welches Girokonto passt und am günstigste­n ausfällt. „Es ist wie bei einem Handy-Vertrag. Da vergleicht der Kunde ja auch und wählt den Tarif, der für ihn am sinnvollst­en ist“, sagt Faust.

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Foto: Mathias Wild Auch bei einigen VR Banken kostet Geldabhebe­n etwas.

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