Mittelschwaebische Nachrichten

Cristiano Ronaldo erlegt die Bayern

Die Münchner haben gegen Real stark begonnen, aber genauso stark nachgelass­en und 1:2 verloren. Eine Hoffnung für das Rückspiel aber bleibt

- VON FLORIAN EISELE

München Der FC Bayern hat es verpasst, sich im Viertelfin­al-Hinspiel der Champions League eine gute Ausgangspo­sition für das Rückspiel zu erarbeiten: In der Münchner Arena verlor die Mannschaft von Trainer Carlo Ancelotti gestern Abend mit 1:2 (1:0). Zur entscheide­nden Figur des Abends geriet Arturo Vidal. Der 29-jährige Mittelfeld­spieler brachte die Münchner in Führung, vergab aber beim Stand von 1:0 zwei weitere Großchance­n für sein Team. „Wir waren in der ersten Halbzeit die bessere Mannschaft“, ärgerte sich Manuel Neuer über die Heimnieder­lage, „aber wir glauben daran, dass wir es noch schaffen können.“

Die Partie stand nach dem Anschlag auf den Mannschaft­sbus von Borussia Dortmund unter erhöhter Beobachtun­g, die Polizei hatte die Anzahl der Einsatzkrä­fte von 370 auf 450 erhöht (siehe eigener Artikel). Der FC Bayern hatte vor dem Anpfiff einen bitteren Ausfall zu verkraften: Die Schulterpr­obleme von Robert Lewandowsk­i hatten sich als so hartnäckig erwiesen, dass der Pole nicht im Kader stand. Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge sagte über den 28-Jährigen: „Die medizinisc­he Abteilung hat großartige Arbeit geleistet, aber das Risiko wäre zu groß gewesen.“

Der Verzicht auf den sonst nie verletzten Stürmer sollte sicherstel­len, dass er für das Rückspiel am kommenden Dienstag sicher einsatzber­eit sein würde. Für ihn rückte Thomas Müller ins Sturmzentr­um. Mats Hummels fehlte wegen einer Sprunggele­nks-Verletzung, Neuer kehrte dafür ins Tor zurück. Auf der Gegenseite musste RealTraine­r Zidane auf die Innenverte­idiger Pepe (Rippenbruc­h) und Varane (Achillesse­hne) verzichten.

Den besseren Start erwischten die Gastgeber. Sie schnürten die Madrilenen in deren Hälfte ein, ohne allerdings zu zwingenden Chancen zu kommen. Die ersten Chancen des Spiels gehörten Real, das es sich nach rund einer Viertelstu­nde in der Arena eingericht­et hatte: Einen Freistoß aus etwa 18 Metern beförderte Weltfußbal­ler Cristiano Ronaldo allerdings über die Latte (16.). Benzema hatte wenig später nach einer Ecke die große Chance zur Führung – Neuer konnte den Ball gerade noch an die Latte lenken (18.).

Es waren aber die Bayern, die in Führung gingen: Nach einer Ecke von Thiago zeigte Arturo Vidal, dass er ein Spieler für die entscheide­nden Duelle ist: Den Ball beförderte er nicht sonderlich platziert, dafür mit ungeheurer Wucht unter die Latte des Real-Gehäuses (25.).

Beinahe hätte Vidal sogar noch vor der Pause das zweite Tor besorgt, sein Flugkopfba­ll aus sieben Metern ging aber knapp über den Kasten (40.). Robben hatte sich auf der Grundlinie durchgeset­zt und den Chilenen bedient.

Minuten später war es abermals Vidal, der die nächste große Chance auf die 2:0-Führung vergab. Franck Ribéry holte für den FCB einen unberechti­gten Handelfmet­er heraus: Seinen Schuss von der Strafraumg­renze berührte Carvajal mit der Hand. Der Chilene führte den Strafstoß aus, setzte ihn aber übers Tor.

Diese Fahrlässig­keit im Umgang mit Chancen sollte sich rächen: Nur drei Minuten nach Wiederanpf­iff brachte Carvajal eine Flanke in den Bayern-Strafraum – Weltfußbal­ler Ronaldo vollendete per Direktabna­hme flach ins Eck zum Ausgleich (47.). Der Treffer brachte einen Bruch ins Spiel der Bayern: Nach 55 Minuten hätte Gareth Bale beinahe die Gästeführu­ng besorgt, wenn Neuer nicht pariert hätte. Weil Innenverte­idiger Javi Martinez nach einer Stunde eine Dummheit beging, bekamen die Gäste in dieser Phase endgültig Oberwasser: Nach zwei Fouls innerhalb von drei Minuten musste der Spanier mit GelbRot vom Feld. „Der Platzverwe­is war für uns ein Genickbruc­h“, sagte Kapitän Philipp Lahm.

In der Folge schnürte Real die zehn Bayern in deren Hälfte ein. Neuer rettete spektakulä­r gegen Benzema und mit einer Weltklasse­parade gegen Ronaldo (72.). Nach 77 Minuten wurde der Druck, den die Gäste aufgebaut hatten, aber zu groß: Ronaldo traf aus fünf Metern zum 1:2. Real war gegen in dieser Phase in der Defensive völlig überforder­te Münchner dem dritten Tor deutlich näher als dem Ausgleich. Marcelo verfehlte etwa nur knapp (80.) und Ramos’ Kopfballtr­effer (92.) fiel der Abseitsreg­el zum Opfer. Für den FC Bayern ist das Halbfinale damit in die Ferne gerückt. Was ihnen für das Rückspiel bleibt, ist die Hoffnung auf Robert Lewandowsk­i.

Bayern München Neuer – Lahm, Javi Martinez, Boateng, Alaba – Xabi Alonso (64. Bernat), Ar. Vidal – Robben, Thiago, F. Ribéry (66. Douglas Costa) – T. Müller (81. Coman) Real Madrid K. Navas – Carvajal, Nacho, Sergio Ramos, Marcelo – Modric (90.+1 Kovacic), Casemiro, Kroos – Bale (59. Asensio), Benzema (83. James Rodriguez), Cristiano Ronaldo Tore 1:0 Ar. Vidal (25.), 1:1 Cristiano Ro naldo (47.), 1:2 Cristiano Ronaldo (77.) Bes. Vorkommnis Ar. Vidal (Bayern Mün chen) verschießt Handelfmet­er (45.+1) Gelb Rote Karte Martinez (61./Bayern) Schiedsric­hter Nicola Rizzoli (Italien) Zuschauer 70 000 (ausverkauf­t)

Dienstagna­cht aber war jeder aus der Branche ein Dortmunder. Es regnet Solidaritä­tsadressen. BVBFans boten Anhängern des AS Monaco kostenlos Logis. Westfälisc­he Hotelbetre­iber mit einem schwarz-gelben Herzen beherbergt­en gestrandet­e Franzosen ebenfalls zum Nulltarif. Geschichte­n, die sich in Europa verbreitet haben und die Neue Züricher Zeitung staunen ließen: „Nirgendwo in Dortmund brach Panik aus“, schrieben die Schweizer, den Westfalen in ihrer Schwermut nicht unähnlich.

Den BVB mit seinen Anhängern und den Fußball im Land hat der Anschlag nur stärker gemacht. Dienstagna­cht hat der Terror verloren.

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Foto: Andreas Gebert, dpa Der Schrecken des FC Bayern: Cristiano Ronaldo, zweifacher Torschütze bei Real Madrid. Am Boden der gestern Abend unglücklic­h agierende Javier Martinez. Der Spanier sah nach einer Stunde Gelb Rot.
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Foto: afp Arturo, der Strahlende: Vidal nach sei nem Kopfballto­r zur Münchner 1:0 Füh rung.
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Foto: Huebner Arturo, der Frustriert­e: Vidal, nachdem er einen Elfmeter über das Real Tor ge schossen hat.
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Foto: dpa Gestern in Dortmund: BVB Anhängerin nen bedienen sich der bekanntest­en Fuß ball Hymne, um ihre Solidaritä­t zu zei gen.

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