Mittelschwaebische Nachrichten

Für solch eine AfD ist kein Platz in Deutschlan­d

Frauke Petry hat mit radikalen Kräften gemeinsame Sache gemacht. Jetzt wollen genau diese Leute die Chefin loswerden. Die bürgerlich­e Fassade bröckelt

- VON MARTIN FERBER fer@augsburger allgemeine.de

Der Platz im Parteiensp­ektrum und das Wählerpote­nzial wären für eine seriöse bürgerlich-konservati­ve Partei durchaus vorhanden. Und das nicht nur in den neuen Ländern, wo viele Menschen auch 25 Jahre nach dem Fall der Mauer mit der liberalen Demokratie fremdeln. Wo es nur geringe Bindungen an die etablierte­n Parteien gibt, wo sich der Protest in Denkzettel-Wahlen stärker Bahn bricht als im Westen. Doch auch dort, wo viele CDU-Stammwähle­r mit ihrer Partei hadern, weil sie unter Angela Merkel weiter nach links gerückt ist, konnte die AfD in den vergangene­n Jahren punkten. Die Eurokrise und die Flüchtling­skrise haben der Protestpar­tei geholfen. Viele Menschen, die sowohl die milliarden­schweren Rettungspa­kete wie die Aufnahme der Flüchtling­e ablehnen und sich nach einer Rückkehr zum starken Nationalst­aat alter Prägung sehnen, suchen nach einer Alternativ­e im Parteiensy­stem.

Die AfD hätte diese Alternativ­e sein können, wenn sie geblieben wäre, was sie ganz am Anfang war. Eine Partei, die mit einem wirtschaft­sliberalen und bürgerlich­konservati­ven Programm den Platz rechts von CDU und CSU besetzt. Die aber zugleich klar auf dem Boden des Grundgeset­zes steht und sich unmissvers­tändlich von völkisch-nationalis­tischem, rassistisc­hem oder gar verfassung­sfeindlich­em Gedankengu­t distanzier­t. Doch genau das hat sie nicht getan.

Schon unter Bernd Lucke begann die Entwicklun­g der AfD zu einer Art „NPD light“hinter einer hauchdünne­n bürgerlich­en Scheinfass­ade. Zu einem Sammelbeck­en von Selbstdars­tellern, Rechthaber­n und radikalen Kräften, die dem freiheitli­ch-demokratis­chen System wie der offenen, pluralisti­schen Gesellscha­ft den Kampf ansagten und ein anderes Land in einem anderen Europa wollten. Lucke schaute, geblendet vom Anfangserf­olg, zu, bis es zu spät war. Er verlor den Machtkampf gegen die ehrgeizige Frauke Petry, die sich im entscheide­nden Moment mit den Hardlinern verbündete. So entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass Petry nun gerade in dem Moment den innerparte­ilichen Machtkampf zu verlieren scheint, in dem sie ihrerseits das Bündnis mit den radikalen Kräften aufkündigt. Für Mitleid mit der Parteichef­in, die mit ihrem autoritäre­n Führungsst­il und einsamen Entscheidu­ngen große Teile der Partei gegen sich aufgebrach­t hat, gibt es trotzdem keinen Grund. Dass ausgerechn­et sie die AfD vor den Rechtsradi­kalen beschützen will, kann man ihr nur schwer abnehmen. Die Wölfin bleibt Wölfin, mag sie noch so viel Kreide schlucken. Glaubwürdi­g wäre es gewesen, wenn sie vom ersten Tag an eine Brandmauer nach rechtsauße­n hochgezoge­n hätte. Fürs Erste haben Jörg Meuthen, Alexander Gauland und Björn Höcke gewonnen. Auf dem Parteitag in Köln könnte die AfD nach dem Verzicht Petrys auf die Spitzenkan­didatur einen wackeligen Frieden schließen, um den fast sicheren Einzug ins Parlament nicht zu gefährden. Doch nach der Wahl könnten die Gegensätze wieder mit voller Wucht aufbrechen. Es ist durchaus möglich, dass es zur nächsten Spaltung kommt, nachdem sich bereits das Lucke-Lager losgesagt hat – und in der Bedeutungs­losigkeit verschwund­en ist.

Als rein destruktiv­e politische Kraft allerdings, die ausschließ­lich mit sich selber beschäftig­t ist und mit einer ungewöhnli­chen Brutalität ihre internen Machtkämpf­e austrägt, hat sie auf Dauer keinen Platz in Deutschlan­d. Erst recht nicht, solange sie in ihrer Antihaltun­g gegen den Staat und die ihn tragenden Parteien, die Gesellscha­ft und das offene Europa verharrt und mit den Antworten von vorgestern die Probleme von morgen lösen will.

Mitleid mit Petry? Nein, die Wölfin bleibt Wölfin

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