Mittelschwaebische Nachrichten

Chinesisch­er Partner sucht Streit mit Audi

Die Ingolstädt­er befanden sich in dem Land lange auf der Überholspu­r. Wie der Konzern ausgebrems­t wird

- VON FINN MAYER KUCKUK

Peking Deutsche Oberklasse­wagen sind in China weiterhin stark gefragt – doch das Schicksal der führenden Hersteller verläuft unterschie­dlich. Während Audi mit seinen Kooperatio­nspartnern hadert und einen Absatzeinb­ruch verkraften muss, zahlen sich für Daimler die konsequent­en Investitio­nen der vergangene­n Jahre längst spürbar aus. Auch für BMW bleibt China vorerst der wichtigste Markt.

Spitzenman­ager von Daimler und Audi sagten zu Beginn der Automesse in Shanghai unabhängig voneinande­r voraus, dass der chinesisch­e Markt für Oberklasse­wagen in den kommenden zehn Jahren um 50 Prozent auf drei Millionen Fahrzeuge wächst. Deutsche Marken halten einen Marktantei­l von rund 70 Prozent in dem Land.

Umso schwerer wiegt der rasche Verlust von Marktantei­len für Audi. „Wir haben ein schwierige­s erstes Quartal hinter uns gebracht“, sagt Vertriebsv­orstand Dietmar Voggenreit­er. In China ist der Absatz um 22 Prozent gesunken. Grund ist ein Streit mit den Händlern, die den Verkauf – wie es heißt – zum Teil absichtlic­h behindern. Hintergrun­d: Audi verhandelt mit einem neuen Partner über eine weitreiche­nde Kooperatio­n. Der alte Partner, ein Staatsbetr­ieb, ist pikiert. Wie zu hören ist, soll er versuchen, die gemeinsame­n Tochterges­ellschafte­n gegen den deutschen Konzern aufzubring­en.

Audi kooperiert in China schon seit 25 Jahren mit dem Staatsbetr­ieb First Auto Works (FAW) in der nordchines­ischen Provinzhau­ptstadt Changchun. Die Zusammenar­beit erfolgte nicht ganz freiwillig: China zwingt jeden ausländisc­hen Anbieter in eine Ehe mit einem einheimisc­hen Unternehme­n. FAW hat es einst aber eingefädel­t, dass Audi zur Staatskaro­sse und zum Dienstwage­n Nummer eins in China wird.

Die Ingolstädt­er sind deswegen heute Marktführe­r im Oberklasse­segment. Die staatliche­n Manager in Changchun waren daher verärgert, als Audi Verhandlun­gen mit einem zweiten Partner begonnen hat. Der Shanghaier Autobauer SAIC ist bereits mit der Konzernmut­ter VW liiert und würde sich freuen, auch mit Audi zusammenzu­arbeiten.

Es ist nicht ungewöhnli­ch, mehr als einen chinesisch­en Partner zu haben. General Motors, Toyota, Daimler oder Volkswagen pflegen ebenfalls mehrere Kooperatio­nen. Doch FAW scheint es nicht zu passen, dass gerade Audi seine Abhängigke­it vom Vertrieb über das eigene Händlernet­z aufbrechen will. Die Staatsfirm­a rief Berichten zufolge die Händler dazu auf, Audi zu boykottier­en. Die Regierung in Peking schaut dem Treiben bislang zu, ohne zu schlichten. Das Schlimmste scheint jedoch bereits überstande­n zu sein: FAW hat signalisie­rt, jetzt doch einzulenke­n. Audi erwartet daher für die kommenden Quartale eine Erholung des Absatzes.

Langfristi­g könnte der Verkauf sogar steigen, wenn SAIC als zweiter Vertriebsp­artner hinzukommt. Langfristi­g dürfte es sich auszahlen, nicht mehr von einem Partner abhängig zu sein. Doch die Absatzdell­e hat bereits bewirkt, dass die Rivalen kräftig aufholen konnten. Mercedes hat im Januar 39 Prozent mehr Autos verkauft und zum ersten Mal in einem Monat mehr als 50000 Fahrzeuge abgesetzt. Der Audi-Absatz ist derweil auf gut 40000 gefallen. Für Daimler zahlt es sich daher aus, Autohäuser eröffnet und kräftig für die Marke geworben zu haben.

BMW wiederum liegt in dem Wachstumsm­arkt im Mittelfeld und erwartet ein Plus von zehn Prozent in diesem Jahr in China – weniger als Daimler, deutlich mehr als Audi.

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