Mittelschwaebische Nachrichten
Das letzte Wort zum Abschied
Es gibt diese Leute, denen reicht ein höfliches „Wiederhören“, ein lässiges „Ciao“oder ein einfachen „Tschüss“am Telefon nicht. Gestern war es wieder so weit. Mama am Ohr. Wie es so geht, wie die Arbeit so war. Ach, und am Wochenende wär’s doch mal wieder schön, gemeinsam Kaffee zu trinken. Okay, Samstag, 14 Uhr. Gebongt. Das Zehn-Minuten-Telefonat hätte wesentlich kürzer sein können, wenn sie sich für eine Abschiedsformel entschieden hätte. Für eine einzige. Anstelle dessen sagt die sonore Mama-Stimme am anderen Ende der Leitung: „Tschüss. Mach’s gut. Bis bald.“Ich so: „Tschüss, Mama.“Sie so: „Ja, ciao. Bis dann.“Ich so: „Okay. Ja.“Sie so: „Tschüss.“Mein Handy so: Tut, tut, tut, tut ...
Jedes Mal stecke ich dann grinsend das Handy in die Tasche. Ich frage mich: Warum müssen manche Gesprächspartner immer das letzte Abschiedswort haben? Und: Was würde passieren, wenn Mama und Co. auch bei persönlichen Begegnungen aus der Tschüss-Nummer nicht mehr herauskommen? Wenn sich plötzlich überall auf der Straße Menschen gegenüberstehen und nicht mehr vorwärtskommen, weil sie im Abschiedsmodus hängen geblieben sind. Wie im Computerspiel. Wenn die Figuren an irgendeiner Stelle gegen die Wand laufen und unaufhörlich Schrittbewegungen machen. Wie hole ich sie da wieder raus? Irgendwelche Tastenkombinationen eingeben oder doch lieber Speichern und Beenden klicken? Oder die Spielfigur alias Mama in der Zeitschleife sich selbst überlassen? Beim Kaffee-Treff am Wochenende werde ich mich für eine weniger grausame Lösung entscheiden: Mama fest umarmen und einfach lächeln.