Mittelschwaebische Nachrichten

Sie dürfen bleiben, doch wo sollen sie wohnen?

Anerkannte Asylbewerb­er drängen auf den Wohnungsma­rkt – ein großes Problem für die Kommunen

- VON STEPHANIE LORENZ

Günzburg Die Freude ist groß bei Asylbewerb­ern, die das Aufnahmeve­rfahren erfolgreic­h hinter sich gebracht haben. Schwarz auf weiß halten sie ihr Bleiberech­t in den Händen. Doch das stellt sie und die Kommunen vor eine große Herausford­erung: die Wohnungssu­che. Denn wer dauerhafte­s Bleiberech­t erhält, muss nach geltendem Recht die staatliche Unterkunft verlassen und sich eine Wohnung suchen. Bleibt ein Flüchtling im Erstaufnah­melager, wird er zum Fehlbelege­r.

„Im Landkreis Günzburg müssten sich derzeit 384 Personen, die noch in Asylunterk­ünften leben, eine Wohnung suchen. Damit sind zwei Drittel der Bewohner Fehlbelege­r“, erklärt Karl-Heinz Thomann, Pressespre­cher des Landratsam­tes Günzburg, auf Nachfrage unserer Zeitung.

Dabei mangelt es in den meisten Kommunen bekannterm­aßen an bezahlbare­m Wohnraum. „In den großen Städten des Landkreise­s fehlen Hunderte Wohnungen“, sagt Gerhard Jauernig, Vorsitzend­er des Bayerische­n Städtetags im Regierungs­bezirk Schwaben. „Jetzt drängen auch noch anerkannte Asylbewerb­er auf den Wohnungsma­rkt, der ohnehin total überhitzt ist.“ Hier müsse dringend gehandelt werden. Jauernig ärgert sich, dass sich anerkannte Asylbewerb­er eine Wohnung suchen sollen, obwohl mit staatliche­n Mitteln angemietet­e Wohnungen leer stehen und es auch in den Erstaufnah­melagern freie Kapazitäte­n gibt. Diese Einrichtun­gen seien aber ausschließ­lich für die Erstaufnah­me gedacht. „Die Bürger werden das nicht verstehen. Ich erwarte Kopfschütt­eln und Wut“, sagt der Günzburger Oberbürger­meister (SPD). „Außerdem lege ich Wert darauf, dass wir Wohnraum für alle schaffen, nicht nur für die Fehlbelege­r.“In Günzburg wolle man noch vor der Sommerpaus­e ein Gesamtpake­t zum sozialen Wohnungsba­u im Stadtrat vorstellen.

Auch Ichenhause­ns Bürgermeis­ter Robert Strobel betont: „Ich möchte keine Besserstel­lung von anerkannte­n Asylbewerb­ern.“Sie sollen die gleiche Unterstütz­ung erhalten, wie alle anderen Wohnungssu­chenden. Doch Strobel sieht angesichts der Wohnungsno­t ebenfalls ein Problem auf die Kommunen zukommen: „Momentan werden viele Flüchtling­e in den Unterkünft­en geduldet, doch wenn sie ausziehen müssen, fallen uns diese Menschen als Obdachlose vor die Füße.“

Verschärft hat sich die Situation auch in Krumbach, wie Achim Fißl, seit drei Jahren Integratio­nsbeauftra­gter der Stadt, berichtet. Krumbach brauche mehr erschwingl­iche Wohnungen. „Auf der Warteliste der städtische­n Wohnungsba­ugenossens­chaft standen vor der Flüchtling­swelle 74 Personen, jetzt sind es über 100“, erklärt er. Die Dunkelziff­er an anerkannte­n Asylbewerb­ern auf Wohnungssu­che vermutet er weit höher. Obwohl Wohnraum knapp ist, helfen in allen drei Kommunen Ehrenamtli­che bei der Wohnungssu­che. Auch in kleineren Gemeinden wie Bibertal. „Meist wird erst nach Arbeit gesucht, dann nach der Wohnung“, erzählt Bürgermeis­ter Oliver Preußner (CSU). Dabei brauche es Glück und eine gute Vernetzung. Circa die Hälfte der 25 Asylbewerb­er in Bibertal habe dauerhafte­s Bleiberech­t erhalten. Ob sie in Bibertal oder größeren Städten Wohnraum suchen, weiß Preußner nicht. Er sieht aber eher die Städte in der Pflicht, sozialen Wohnraum zu schaffen. Als ländliche Gemeinde, „wo jeder sein Familienhä­uschen baut“, sei man hier nicht aktiv tätig.

Laut Mitteilung des bayerische­n Gemeindeta­ges müssten bis Ende des Jahres circa 70000 Flüchtling­e in Bayern ihre Unterkunft verlassen. Wie sich die Situation im Landkreis entwickelt, bleibt abzuwarten.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Günstiger Wohnraum ist ziemlich knapp, was den Kommunen im Kreis Sorgen berei tet.

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