Mittelschwaebische Nachrichten
Sie dürfen bleiben, doch wo sollen sie wohnen?
Anerkannte Asylbewerber drängen auf den Wohnungsmarkt – ein großes Problem für die Kommunen
Günzburg Die Freude ist groß bei Asylbewerbern, die das Aufnahmeverfahren erfolgreich hinter sich gebracht haben. Schwarz auf weiß halten sie ihr Bleiberecht in den Händen. Doch das stellt sie und die Kommunen vor eine große Herausforderung: die Wohnungssuche. Denn wer dauerhaftes Bleiberecht erhält, muss nach geltendem Recht die staatliche Unterkunft verlassen und sich eine Wohnung suchen. Bleibt ein Flüchtling im Erstaufnahmelager, wird er zum Fehlbeleger.
„Im Landkreis Günzburg müssten sich derzeit 384 Personen, die noch in Asylunterkünften leben, eine Wohnung suchen. Damit sind zwei Drittel der Bewohner Fehlbeleger“, erklärt Karl-Heinz Thomann, Pressesprecher des Landratsamtes Günzburg, auf Nachfrage unserer Zeitung.
Dabei mangelt es in den meisten Kommunen bekanntermaßen an bezahlbarem Wohnraum. „In den großen Städten des Landkreises fehlen Hunderte Wohnungen“, sagt Gerhard Jauernig, Vorsitzender des Bayerischen Städtetags im Regierungsbezirk Schwaben. „Jetzt drängen auch noch anerkannte Asylbewerber auf den Wohnungsmarkt, der ohnehin total überhitzt ist.“ Hier müsse dringend gehandelt werden. Jauernig ärgert sich, dass sich anerkannte Asylbewerber eine Wohnung suchen sollen, obwohl mit staatlichen Mitteln angemietete Wohnungen leer stehen und es auch in den Erstaufnahmelagern freie Kapazitäten gibt. Diese Einrichtungen seien aber ausschließlich für die Erstaufnahme gedacht. „Die Bürger werden das nicht verstehen. Ich erwarte Kopfschütteln und Wut“, sagt der Günzburger Oberbürgermeister (SPD). „Außerdem lege ich Wert darauf, dass wir Wohnraum für alle schaffen, nicht nur für die Fehlbeleger.“In Günzburg wolle man noch vor der Sommerpause ein Gesamtpaket zum sozialen Wohnungsbau im Stadtrat vorstellen.
Auch Ichenhausens Bürgermeister Robert Strobel betont: „Ich möchte keine Besserstellung von anerkannten Asylbewerbern.“Sie sollen die gleiche Unterstützung erhalten, wie alle anderen Wohnungssuchenden. Doch Strobel sieht angesichts der Wohnungsnot ebenfalls ein Problem auf die Kommunen zukommen: „Momentan werden viele Flüchtlinge in den Unterkünften geduldet, doch wenn sie ausziehen müssen, fallen uns diese Menschen als Obdachlose vor die Füße.“
Verschärft hat sich die Situation auch in Krumbach, wie Achim Fißl, seit drei Jahren Integrationsbeauftragter der Stadt, berichtet. Krumbach brauche mehr erschwingliche Wohnungen. „Auf der Warteliste der städtischen Wohnungsbaugenossenschaft standen vor der Flüchtlingswelle 74 Personen, jetzt sind es über 100“, erklärt er. Die Dunkelziffer an anerkannten Asylbewerbern auf Wohnungssuche vermutet er weit höher. Obwohl Wohnraum knapp ist, helfen in allen drei Kommunen Ehrenamtliche bei der Wohnungssuche. Auch in kleineren Gemeinden wie Bibertal. „Meist wird erst nach Arbeit gesucht, dann nach der Wohnung“, erzählt Bürgermeister Oliver Preußner (CSU). Dabei brauche es Glück und eine gute Vernetzung. Circa die Hälfte der 25 Asylbewerber in Bibertal habe dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Ob sie in Bibertal oder größeren Städten Wohnraum suchen, weiß Preußner nicht. Er sieht aber eher die Städte in der Pflicht, sozialen Wohnraum zu schaffen. Als ländliche Gemeinde, „wo jeder sein Familienhäuschen baut“, sei man hier nicht aktiv tätig.
Laut Mitteilung des bayerischen Gemeindetages müssten bis Ende des Jahres circa 70000 Flüchtlinge in Bayern ihre Unterkunft verlassen. Wie sich die Situation im Landkreis entwickelt, bleibt abzuwarten.