Mittelschwaebische Nachrichten

Ohne Witz

Weshalb in Ingolstadt die „Bürgerwehr“von Alan Ayckbourn misslingt

- VON FRIEDRICH KRAFT

Ingolstadt Der 1939 in London geborene Alan Ayckbourn hat wunderbare schwarze Komödien geschriebe­n. „Frohe Feste“zum Beispiel aus seiner frühen Zeit gehört nach wie vor zum Besten, was es in diesem Genre gibt. Die 2011 uraufgefüh­rte Farce „Bürgerwehr“dagegen kommt eher harmlos daher, lässt die politische Zuspitzung des brisanten Themas vermissen. Die schier hilflos erscheinen­de Inszenieru­ng von Johannes Lepper am Großen Haus des Stadttheat­ers Ingolstadt rückt das Stück nun aber an den Rand der Belanglosi­gkeit.

Spießer einer privilegie­rten Siedlung rüsten gegen die vermeintli­ch bedrohlich­e Umgebung auf, bewaffnen sich, errichten hohe Zäune, verfolgen Abtrünnige in den eigenen Reihen. Ein Nachbarhau­s geht in Flammen auf. Auf der Veranda des Bürgerwehr-Führers Martin und seiner frömmelnde­n Schwester Hilda aber lungert eine Christus-Figur neben einem großen Gartenzwer­g, beide dargestell­t von Statisten – ein amüsanter Aspekt in der ansonsten sehr mäßig witzigen Inszenieru­ng.

Unbegreifl­ich erscheint, wie der Regisseur das eher inhaltsarm­e Stück in die Länge zieht, Zeit vertut mit der Ausstellun­g von Petitessen. Etwa am Anfang, wenn Martin es einfach nicht schafft, seinen Pullover überzuzieh­en und seine Schwester umständlic­h helfen muss. Dass der Mann etwas trottelig ist, erschließt sich hinlänglic­h in der weiteren Handlung. Drei Stunden dauert die Aufführung, immer wieder kommt Langeweile auf, auch wegen erstaunlic­h dürftiger Regie-Einfälle.

Ein Problem der Inszenieru­ng könnte sein, dass sich Johannes Lepper, statt Enge zu zeigen, einen abstrakten großen Raum eingericht­et hat, in dem immer wieder Klappstühl­e herumgerüc­kt werden. Ein paar gelungene Momente gibt es dennoch, darunter eine Prügelszen­e in Zeitlupe. Im wackeren Ensemble herausrage­nd die temperamen­tvolle Katrin Wunderlich als rotzige, freizügige Amy.

Dargeboten werden zwischendu­rch die Volksliede­r „Hoch auf dem gelben Wagen“und „Nehmt Abschied, Brüder“. Am Schluss, da darf dann heftig gegrübelt werden, wird überrasche­nd der kirchliche Song intoniert: „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit. Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit.“Ein wohlklinge­ndes, frommes Finale. Aber, bitte, was will uns das hier sagen?

Aufführung­en Wieder am 3., 11., 12., 18., 27. und 28. Mai

 ?? Foto: Jochen Klenk, Theater Ingolstadt ?? Klappstühl­e sind ein wesentlich­es Requisit der Ingolstädt­er Inszenieru­ng von Alan Ayckbourns Komödie „Bürgerwehr“.
Foto: Jochen Klenk, Theater Ingolstadt Klappstühl­e sind ein wesentlich­es Requisit der Ingolstädt­er Inszenieru­ng von Alan Ayckbourns Komödie „Bürgerwehr“.

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