Mittelschwaebische Nachrichten
Als das Rad im Ort geschoben werden musste
Über den Radfahrerverein Krumbach-Hürben, der 1887 gegründet wurde, und welche Ziele er verfolgte
Krumbach
Als das hölzerne Laufrad des badischen Forstmeisters Feiherr von Drais (von diesem vor genau 200 Jahren als „Laufmaschine“in Gang gesetzt) kurz darauf zum stählernen Hochrad geworden war, fanden sich rasch die Stahlrossreiter in Vereinen Gleichgesinnter zusammen. Dabei wollten sie nicht einzig das Veloziped propagieren, sondern eine Macht im Kampfe gegen Neid und Ungunst bilden. Wie der Freiherr Drais mussten auch seine Jünger auf dem Stahlrad den Spott mancher Mitmenschen und allerlei Schikanen über sich ergehen lassen, die eher einer Unterdrückung als Förderung des Velozipedsportes fähig waren.
Auch im damaligen KrumbachHürben waren die Hochradfahrer im Kampf gegen die Gesetzesbestimmungen etlichen Unbillen ausgesetzt. Es bestand nämlich für dieselben eine Ortspolizeiliche Vorschrift, dass innerhalb der Marktgemeinde Krumbach das Fahren mit dem Veloziped verboten ist und das Rad vom Ortsbeginn bis zum Ortsende mit der Hand geschoben werden muss. So bildete sich im Jahre eine Gruppe beherzter VeloFahrer, die den „Radfahrerverein Krumbach-Hürben“gründete. Dessen vornehmster Zweck: „Erreichung der Fahrerlaubnis innerhalb der Gemeinde und Förderung eines rationellen Fahrens und der Gesellschaftspflege“.
Initiatoren und Gründungsmitglieder des neuen örtlichen Vereins waren Josef Dunst, Abraham Götz, Balthasar Bader, August Holdenrieder, Hans Bux, Hans Kräutler, Franz Josef Wachter, Franz Xaver Zach, Oskar Vogel, Josef Bosch, Hans Daigele, Josef Steidle, Eduard Hager. Die Vereinsleitung hatte lange Zeit der Fahrradhändler Michael Faist inne.
Der Zusammenschluss hatte alsbald zur Folge, dass das Fahren mit dem Rad erlaubt wurde. Zuerst gestattete die Gemeine Hürben, später der Markt Krumbach das Fahren in allen Straßen. Gelegentlich vom Verein inszenierter Feste sah man manch schönen und aufwendig gestalteten Blumenkorso sich präsen1887 tieren. Auch eine Abteilung „Rennfahrer“bildete sich. Namentlich qualifiziert finden sich in den Aufzeichnungen der Gründerzeit die Namen von Josef Herz, Josef Schiefele (Aletshausen), Haugg (Mohrenhausen). Unter anderem waren Krumbacher Radler auf Augsburger, Ulmer und anderen Rennbahnen siegreich.
Ist von frühen Radrennen die Rede, kommt der Name einer lokalen Größe in Erinnerung: Anton Wiedemann, Radsportler aus Krumbach hat anno 1902 Radgeschichte geschrieben. Und das kam so: Der damals 19-jährige Radsportbegeisterte begab sich mit seinem Fahrrad frühmorgens um zwei Uhr (und nüchtern) auf die Reise via Italien. Bei einer ersten Zwischenstation ging er in Ettal zur Kommunion, um dann seine Fahrt in Richtung Bologna fortzusetzen, wo Wiedemann an der großen Radrundfahrt durch Italien (quasi ein Vorläufer des heutigen „Giro d’Italia“) teilnahm. Und diese als 1. Sieger beendete. Wiedemann konnte neben etlichen weiteren Rennsportveranstaltungen auch die Radrundfahrt durch Württemberg siegreich abschließen.
Ein großer Festtag für den Radfahrerverein Krumbach war die Feier des 40-jährigen Gründungsfestes. Auf Einladung des damaligen Vorstandes Josef Bosch fanden sich zum Feiern auch die Radfahrervereine aus Günzburg, Wangen/Allgäu, Ziemetshausen, Scheppach, Finningen, Mindelheim und Edelstetten ein. Als Ehrenvorsitzender des Vereins hob der damalige Krumbacher Bürgermeister Dr. Sailer in seiner Festansprache „das Wanderfahren als beliebten Sport hervor“. Und überhaupt widmete er dem Reigenund Kunstfahren äußerst anerkennende Worte. Der zweite Tag der Jubiläumsfeier stand ganz im Zeichen des Wettkampfes. In der frühen Morgenstunde begannen die Rennen. Das Hauptfahren umfasste die Strecke Krumbach – Günzburg und zurück, das Erstfahren erfolgte auf der Streckenführung Krumbach – Heubelsburg und zurück. Mittags bewegte sich der Preisblumenkorso, voran die Kapelle des Musikvereins unter Stabführung des Kapellmeisters Friedrich Gleitsmann, durch die Straßen der Stadt, beifällig begleitet durch Besucher des festlichen Geschehens.