Mittelschwaebische Nachrichten
Maria, die Freude aller Welt
Wie es zum Loblied auf die Mutter Gottes kam und weshalb die Mariensäule errichtet wurde
Balzhausen Seit 20 Jahren herrschte in Deutschland Krieg. Längst war es ein europäischer Krieg geworden. Schweden und Franzosen, Spanier und Italiener beteiligten sich an den Auseinandersetzungen. Kurfürst Maximilian von Bayern hatte zwar 1620 in der Schlacht am Weißen Berg einen entscheidenden Sieg errungen, aber als die Schweden unter König Gustav Adolf die Sache der Protestanten in die Hand nahmen, wendete sich das Kriegsglück. Sie drangen bis nach Bayern vor. Erst in der Schlacht von Nördlingen 1634 konnte ihr Vormarsch gestoppt werden.
Zum Dank für die Errettung ließ Kurfürst Maximilian die Mariensäule in der Mitte Münchens, ja ganz Bayerns errichten. Das war im Jahr 1638. Der Kurfürst hatte sich und sein Land unter den besonderen Schutz der Gottesmutter gestellt und sie zur Patronin Bayerns erklärt.
Unweit des Marienplatzes in München lebte damals ein junger Geistlicher mit einem dichterischen Talent. Es ist nicht auszuschließen, dass der Text an der Mariensäule aus seiner Feder stammt, denn er verfasste mit einigem Geschick sowohl deutsche wie lateinische Gedichte. Die Inschrift lautet: „Rem, regem, regionem, religionem, conservare Bavariis, Regina, Patrona tuis“– „Hab und Fürst, Land und Religion, bewahre deinen Bayern, Königin und Patronin!“
Es handelt sich bei dem jungen Geistlichen um den 1606 in Moosach geborenen Johannes Kuen. Seinem Pfarrer ist es zu verdanken, dass er nach München zu den Jesuiten in die Schule geschickt wurde. Viele Jesuitenschüler haben sich zu dieser Zeit dem Orden angeschlossen, nicht so Johannes Kuen. Er wurde Priester des Bistums Freising. 1630 empfing er die Priesterweihe und erhielt eine Kaplanstelle in München St. Peter. Schon 1634 wurde ihm ein Benefizium bei St. Peter verliehen, sodass er eine Lebensgrundlage hatte. Sein dichterisches Talent konnte er nun frei entfalten. Es entstanden deutsche und lateinische Gedichte sowie volkstümliche deutsche Kirchenlieder. Einige seiner Dichtungen wurden von Clemens Brentano in seine Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“aufgenommen. Auch Abraham a Santa Clara schätzte die Texte des Benefiziaten von St. Peter. Johannes Kuen, der mehrere Sammelbände seiner Dichtungen herausgab, hat nach dem Dreißigjährigen Krieg in seinem Heimatort Mooshausen eine wunderschöne Kapelle zur heiligen Mutter Anna gestiftet. In ihr ist eine Barockfigur, bei der die heilige Anna Maria das Lesen beibringt. Daraus können wir schließen, dass er sich mit seinen Dichtungen einen gewissen Wohlstand erarbeitet hat, denn allzu viel hat die Pfründe bei St. Peter gewiss nicht eingetragen.
Ob Benefiziat Kuen die Inschrift an der Mariensäule auf Anregung des Kurfürsten verfasst hat, wissen wir nicht, wohl aber, dass er im gleichen Jahr 1638 das Marienlied gedichtet hat: „Sagt an, wer ist doch diese“. Es gehört bis heute zum Liedschatz des gläubigen Volkes. Der Dichter richtet unseren Blick auf den Himmel, wo Maria als Morgenröte erscheint, die Mond und Sterne schmücken. Er sieht die Mutter des Herrn als die „Makellose, die reinste Rose, die schönste aller Frauen, die Freude aller Welt“. Maria überstrahlt alle Engel. Ihr Schmuck ist ihre Tugend, ihre Reinheit und ihre Demut. Sie ist die Königin des Himmels, die Königin aller Heiligen und die „Trösterin der Menschen, die Zuflucht der Sünder, die Hilfe ihrer Kinder, die beste Mittlerin“. Ganz gewiss hat sich Benefiziat Kuen vom Bild der Patrona Bavariae für sein Lied inspirieren lassen. Es ist ein Loblied auf die Gottesmutter, die er als „die beste Mittlerin“preist. (gsch)