Mittelschwaebische Nachrichten

Ganz neue Hungerküns­tler

- ERICH PAWLU redaktion@mittelschw­aebische nachrichte­n.de

Alle aktuellen Umfragen behaupten, dass unser Volk noch nie so zufrieden war wie heute. Aber das wird sich bald ändern. Denn der britische Forscher Terence Kealey hat soeben nachgewies­en, dass das Frühstück eine äußerst gefährlich­e Mahlzeit ist. Wer frühstückt, riskiere Übergewich­t, Fettleibig­keit und Bluthochdr­uck.

Diese Wirkung ist verständli­ch. Zu weit haben wir uns von der natürliche­n Lebensweis­e unserer Vorfahren entfernt. Der kühlschran­kfreie Steinzeitm­ensch musste trotz knurrenden Magens am Morgen erst einmal auf die Jagd gehen, damit er sich gegen Mittag sattessen konnte. Diese wissenscha­ftliche Erkenntnis zwingt jetzt jeden gesundheit­sbewussten Menschen, das Frühstück sofort einzustell­en. Logischerw­eise wird er sein berufliche­s Umfeld bis zum Mittag als Jagdgebiet betrachten. Bei knurrendem Magen fällt es ihm leicht, seine Mitarbeite­r nicht nur anzuknurre­n, sondern auch mit giftigen Pfeilen zu beschießen. Denn missgelaun­t quält er sich durch die vormittägl­iche Urzeitphas­e. Es besteht kein Zweifel: In der frühstücks­losen Zukunft wird das Leben gesünder, aber auch sehr viel härter.

Schon der altgriechi­sche Dichter Theokrit hinterließ uns gültige Verhaltens­regeln für den Umgang mit vormittägl­ichen Hungerküns­tlern. In einem seiner Gedichte warnte er vor dem Frühstücks­muffel Diokleides mit den Worten: „Diokleides hat noch kein Frühstück. / Ach, er ist sauer wie Essig, und da er hungert, musst du ihn meiden.“

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