Mittelschwaebische Nachrichten
Ohne Druck geht es nicht
Franz Fehrenbach. Bosch-Chef Volkmar Denner bezeichnete Fahrverbote jüngst als „Kurzschluss“, der schädlich für Arbeitsplätze und Handel wäre.
Kretschmann höchstpersönlich besuchte Daimler-Entwicklungschef Ola Källenius, der als Nachfolger Zetsches gehandelt wird, kurz bevor er in einem Interview verkün- VON STEFAN STAHL dete: „Denn es gibt diese sauberen Diesel tatsächlich, davon konnte ich mich kürzlich bei einem badenwürttembergischen Autobauer überzeugen.“Die Industriechefs wissen inzwischen, dass Kretschmann ein offenes Ohr für die Branche hat, von der in Baden-Württemberg hunderttausende Arbeitsplätze abhängen. Der Grüne macht zu vollziehen. Das lässt Daimler, BMW, Audi, Porsche und VW Unsummen in die Forschung für leistungsfähigere E-Autos stecken. Neben China gibt es zum Glück Baden-Württemberg. Dort müssen eine grün geführte Landesregierung und ein grüner Stuttgarter Oberbürgermeister gegenüber ihren Wählern liefern. Diese Wähler wollen gerade in der durch Abgase stark belasteten Landeshauptstadt endlich bessere Luft. Hier kann die Drohung, Fahrverbote einzuführen, Wunder bei den Autoriesen bewirken.
Mit dem kommunistisch-grünen Zangenangriff werden die deutschen Auto-Champions zu mehr Innovation und Umweltschutz gezwungen. Das hat seinen Preis für die Kunden. Gesundheitsverträglichere Dieselmotoren sind teurer, aber notwendig, um die Zeit zu überbrücken, bis Elektroautos eine echte Alternative darstellen. das Thema gerne zur Chefsache – auch an den eigentlich zuständigen Ministerien für Wirtschaft oder Verkehr vorbei. Am 19. Mai lädt der Landesvater die Branchengrößen etwa zu sich ein, um Zukunftsthemen zu besprechen.
Für Kretschmann ist das eine schwierige Gemengelage. Denn einerseits gibt sich der 68-Jährige als pragmatischer Wirtschaftsversteher: Er drückte etwa einen Test der umstrittenen Riesenlastwagen auf Autobahnen im Südwesten durch, obwohl sein grüner Verkehrsminister Winfried Hermann und Umweltverbände dagegen waren. Beim Bundesparteitag der Grünen im Herbst vergangenen Jahres sprach auf Druck der Südwest-Realos auch Daimler-Chef Zetsche – zum Leidwesen linker Grüner. Nach einem Beschluss der Bundesgrünen sollen ab 2030 nur noch abgasfreie Autos in Deutschland zugelassen werden. Kretschmann will sich auf dieses Datum nicht festlegen.
Andererseits erwarten Verbände wie die Deutsche Umwelthilfe und BUND gerade von den Grünen konkrete Taten zur Luftreinhaltung. In einem gerichtlichen Vergleich hat das Land zugesichert, die Verschmutzung am besonders betroffenen Stuttgarter Neckartor deutlich zu reduzieren.
Dass ausgerechnet das von dem grünen Oberbürgermeister Fritz Kuhn regierte Stuttgart, in dem auch noch von einem grünen Ministerpräsidenten regierten Bundesland, die hohe Luftverschmutzung nicht in den Griff bekommt, ist zudem peinlich. (dpa)