Mittelschwaebische Nachrichten
Auf den Spuren der Reformation
Im Günzburger Heimatmuseum beschäftigt sich eine Sonderschau mit Luthers Wirken und den Auswirkungen
Günzburg Drei große katholische Kirchen im Stadtgebiet können nicht darüber hinweg täuschen, dass Günzburg auch eine sehr lebendige evangelische Gemeinde hat. Und die hat für das Lutherjahr eine Reihe von Veranstaltungen erarbeitet, die nicht nur für Protestanten besuchenswert sind.
Der Höhepunkt ist unzweifelhaft die nun mit Querflötenmusik und feierlichen Ansprachen von Bürgermeister Gerhard Jauernig und Pfarrer Friedrich Martin eröffnete Ausstellung im Heimatmuseum. In Kooperation mit dem Heimatverein und der Stadt lädt die evangelische Kirche dazu ein, sich mit den „Spuren der Reformation in Günzburg“auseinanderzusetzen. Einziger Wermutstropfen im attraktiven Angebot: Interessenten müssen sich sputen, denn die Ausstellung dauert nur bis zum 28. Mai. Die Kürze ist den wertvollen Exponaten geschuldet, die schon bald an die Besitzer zurückgegeben werden müssen.
Doch ein Besuch lohnt allemal. Egal, ob man als evangelischer Christ, als Katholik, als historisch oder politisch-gesellschaftlich interessierter Besucher ins Heimatmuseum kommt, jeder wird Erhellendes und Spannendes finden. Museumskustos Rudolf Kombosch erläuterte den vielen Eröffnungs-Besuchern, deren Anzahl fast zu groß war für den kleinen Rokokosaal, den Aufbau der Ausstellung. Im bis 1903 als evangelischer Betsaal genutzten Rokokosaal informieren Schautafeln ausgiebig über die Rolle der Frauen in der Reformation. Es ist eine Wanderausstellung, betitelt „Vom Dunkeln ins Licht“, die von der Fachstelle für Frauenarbeit im Frauenwerk Stein konzeptioniert wurde. Gegenüber laden Bibeln aus vielen Jahrhunderten in den unterschiedlichsten Ausführungen zum genaueren Hinschauen ein. Herausragende Exponate sind eine Bibel in Braille (Blindenschrift) und eine von Gustave Doré illustrierte Heilige Schrift. Der Rolle des gebürtigen Kötzers Eberlin als Vordenker der Reformation widmet sich der nächste Raum. Der bestehenden evangelischen Kirchengemeinde und ihrer Geschichte gehören weitere Schauräume. Zu den besonderen Attraktionen zählt mit Sicherheit der Nachbau der ersten GutenbergDruckmaschine. Diese Erfindung war mit verantwortlich für die schnelle Ausbreitung der reformatorischen Ideen. Die Druckmaschine, auf der sich die Besucher einen Erinnerungsdruck machen lassen können, und die Bibelsammlung wurden wesentlich von Susanne und Michael Herold als Leihgaben beschafft und müssen nach vier Wochen zurückgegeben werden, wie auch die Wanderausstellung.
Zur Vernissage erfreuten Pfarrer Alexander Bauer und Jutta Martin, Ehefrau von Pfarrer Friedrich Martin, die Besucher als Ehepaar Luther, das sich in einem vorgelesenen Briefwechsel mächtig fetzt. Handfeste Alltagsprobleme vermischen sich mit Glaubensfragen, Martins Freß- und Sauflust steht gegen die wirtschaftliche Not der fernen Familie. Gegen Käthes energische und emanzipierte Haltung hat Martin oft nur noch Ironie als Waffe zu bieten und jeder merkt sogleich: Der große Reformator, dem die Massen folgen, findet daheim seine Meisterin.
Die Ausstellung „Spuren der Refor mation in Günzburg“ist noch bis zum 28. Mai zu sehen. Geöffnet ist dienstags, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr. Freitagvormittags sind Schulklassen willkommen. Fachkundige Helfer füh ren auf Wunsch während der Öffnungszei ten Besucher durch die Räume. Son derführungen für kleine Gruppen bieten auch die beiden Pfarrer, Friedrich Mar tin und Alexander Bauer. Eine Anmeldung ist unter Telefon 08221/6479 möglich. Eine Führung durch die Sonderausstellung bietet auch Rudolf Kombosch am kom menden Sonntag, 14. Mai. Der Beginn der Führung ist um 14.30 Uhr.