Mittelschwaebische Nachrichten

Der ewig Unterschät­zte

Nicht nur als CDU-Spitzenkan­didat wurden Armin Laschet lange Zeit kaum Chancen eingeräumt. Jetzt beschert er der Kanzlerin einen wichtigen Sieg

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Sie tragen ihn auf Händen. Es ist ein sensatione­ller Erfolg für Armin Laschet und seine nordrhein-westfälisc­he CDU. „Wir haben zwei Wahlziele gehabt: RotGrün zu beenden und stärkste Partei zu werden. Und beides ist gelungen“, ruft der strahlende Wahlsieger. Allerdings lassen sie ihn kaum ausreden, seine Anhänger in der Düsseldorf­er Parteizent­rale nach der ersten Hochrechnu­ng am Sonntagabe­nd: „Armin, Armin, Armin“, rufen sie. Der CDU-Landeschef genießt den Triumph. Ein wenig ungläubig schaut er aber doch.

Laschet galt lange als chancenlos gegen die SPD-Landesmutt­er Hannelore Kraft. Auch in der eigenen Partei haben ihn einige zunächst unterschät­zt. Nun schlägt er die SPD in der „Herzkammer der Sozialdemo­kratie“klar und deutlich. „RotGrün war schlecht für die Menschen“, lautet das Fazit des 56-Jährigen bei der Wahlparty.

Der CDU-Bundesvize weiß, dass sein Erfolg vier Monate vor der Bundestags­wahl auch für Parteichef­in und Kanzlerin Angela Merkel Gold wert ist. Nach dem Saarland und Schleswig-Holstein liefert er ihr den dritten – und wichtigste­n – CDU-Sieg.

Die SPD hat in NRW 50 Jahre lang immer den Ministerpr­äsidenten gestellt, nur mit der einen Ausnahme von CDU-Regierungs­chef Jürgen Rüttgers 2005 bis 2010. Laschet machte sich damals einen Namen als Integratio­nsminister. „Türken-Armin“wurde er spöttisch genannt – wegen seiner differenzi­erten Ansichten in der Integratio­nsund Ausländerp­olitik. Möglich, dass Laschet nun Geschichte schreibt und die erste Große Koalition in NRW schmiedet. Ob es auch für ein – allerdings knappes – Bündnis mit der FDP reicht, war zunächst noch offen. Schwarz-Gelb wäre nach früheren Aussagen aber seine Wunsch-Konstellat­ion. Der Mann, der am Wahlsonnta­g im Rampenlich­t steht, hat harte Jahre der Arbeit hinter sich. Als die NRW-CDU vor fünf Jahren nach der Schlappe mit Norbert Röttgen am Boden lag, übernahm Laschet in der Krise das Ruder. Politik ist schon lange sein Geschäft. 1994 bis 1998 saß er im Bundestag, danach im Europaparl­ament. Vor zwölf Jahren wurde er Rüttgers’ Integratio­nsminister. Aber erst jetzt ist Laschet wirklich ganz oben. Und der mit rund 130 000 Mitglieder­n ohnehin größte CDU-Landesverb­and gewinnt weiter an Gewicht.

Und wie ist der Mensch Laschet? Er stammt aus einer Aachener Bergmannsf­amilie. Sein Vater arbeitete unter Tage, abends lernte er, wurde Lehrer und Schulleite­r. Die drei Laschet-Jungs konnten studieren, Armin wählte Jura. Er hat drei erwachsene Kinder, mit seiner Frau Susanne ist der gläubige Katholik seit mehr als 30 Jahren verheirate­t. Der 56-Jährige ist Fußballfan, fiebert mit Alemannia Aachen, das in der Regionalli­ga West herumkrebs­t. Beruflich begann Laschet noch als Journalist. Aber dann kam die Politik. Und nun wird er Ministerpr­äsident. Philipp Kinne und dpa

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Foto: dpa

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