Mittelschwaebische Nachrichten
Wie Rot Grün die Wahl verloren hat
Wahlforscher erklären, warum die CDU gepunktet hat – und wer in NRW besser ankommt: Merkel oder Schulz?
Augsburg Eigentlich hatten die Wahlkampfstrategen im WillyBrandt-Haus die Wahl in Nordrhein-Westfalen fest als wichtigen Meilenstein im Bundestagswahljahr eingeplant: Auch wenn für RotGrün eine Mehrheit ausgeschlossen schien, sollte wenigstens die Verteidigung der Düsseldorfer Staatskanzlei der Partei Schub für die Wahl im September geben. Dass die NRW-SPD das schlechteste Ergebnis in ihrer Geschichte einfährt, damit hatten die Bundesgenossen nie gerechnet. Wie kam es dazu?
Laut der ZDF-Analyse der Forschungsgruppe Wahlen hatten Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihre SPD-Regierungspartei zwar ein positives Ansehen, allerdings nicht auf dem hohen Niveau wie bei der Wahl 2012. Krafts Hauptproblem waren die Grünen, so die Meinungsforscher, die 20 000 Wähler nach ihrem Wahlverhalten befragt hatten: Bei „viel Kritik, speziell an den Grünen, führt die schlechte rot-grüne Regierungsbilanz zu einer klassischen Abwahlstimmung“, so die Wahlforscher.
So wird die gemeinsame Arbeit von SPD und Grünen auf einer Skala von plus fünf bis minus fünf mit mittelmäßigen 0,4 bewertet, vor fünf Jahren lag der Wert noch bei 1,2. Krafts SPD verschlechterte sich dabei von 1,4 auf 0,8, die Grünen von 0,9 auf minus 0,2. Die persönliche Bilanz von Hannelore Kraft ist im Vergleich zu anderen Ministerpräsidenten unteres Mittelmaß, nachdem ihr 64 Prozent der Wähler gute Arbeit bescheinigen – vor fünf Jahren waren es noch 75 Prozent. Im Direktvergleich lag sie mit 48 zu 37 Prozent zwar deutlich vor Herausforderer Armin Laschet – einen Amtsbonus konnte Kraft damit nicht auf die SPD ausstrahlen.
In der Politiker-Beliebtheitsskala wiederholt sich so interessanterweise ein Phänomen, wie es vor einer Woche bei der Schleswig-HolsteinWahl zu sehen war: Der beliebteste Politiker des Landes kommt von der FDP. Der Landes-Spitzenkandidat und Bundesparteichef Christian Lindner liegt mit 1,4 Punkten vor Kraft (1,3) und Laschet (1,1). Vor fünf Jahren lag Kraft mit 2,3 auf der Skala noch uneinholbar vorn. Lindners NRW-FDP sammelte vor allem Stimmen bei den Themen „Bildung“, „Wirtschaft“und „Jobs“.
Beim mit wahlentscheidenden Thema Wirtschaft sehen nur noch 46 Prozent der Bürger das Land gut für die Zukunft gerüstet, 2012 waren es 56. Beim Thema Wirtschaft fiel die SPD damit hinter die CDU zurück. Sachpolitisch trauten die Wähler der CDU neben dem TopThema Bildung auch in den anderen NRW-Problemfeldern Verkehr, Flüchtlinge, Arbeitsmarkt oder Kriminalität mehr zu als der SPD.
Für knapp zwei Drittel der Wähler war ausschließlich die Landespolitik wahlentscheidend. Laut der ARD-Analyse von Infratest dimap waren drei Viertel der Wähler insbesondere mit der Verkehrs- und Schulpolitik und beim Problem Kinderarmut mit Krafts Regierung unzufrieden. So gewann die CDU hauptsächlich von Nichtwählern und SPD-Wählern Stimmen hinzu.
Die Frage nach dem viel bemühten „Schulz-Effekt“beantworten die Zahlen auch: Selbst im Heimatland NRW des SPD-Kanzlerkandidaten genießt Angela Merkel mit 2,2 ein deutlich höheres Ansehen als der Würselener Schulz (1,0).