Mittelschwaebische Nachrichten

Wie Rot Grün die Wahl verloren hat

Wahlforsch­er erklären, warum die CDU gepunktet hat – und wer in NRW besser ankommt: Merkel oder Schulz?

- VON MICHAEL POHL

Augsburg Eigentlich hatten die Wahlkampfs­trategen im WillyBrand­t-Haus die Wahl in Nordrhein-Westfalen fest als wichtigen Meilenstei­n im Bundestags­wahljahr eingeplant: Auch wenn für RotGrün eine Mehrheit ausgeschlo­ssen schien, sollte wenigstens die Verteidigu­ng der Düsseldorf­er Staatskanz­lei der Partei Schub für die Wahl im September geben. Dass die NRW-SPD das schlechtes­te Ergebnis in ihrer Geschichte einfährt, damit hatten die Bundesgeno­ssen nie gerechnet. Wie kam es dazu?

Laut der ZDF-Analyse der Forschungs­gruppe Wahlen hatten Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft und ihre SPD-Regierungs­partei zwar ein positives Ansehen, allerdings nicht auf dem hohen Niveau wie bei der Wahl 2012. Krafts Hauptprobl­em waren die Grünen, so die Meinungsfo­rscher, die 20 000 Wähler nach ihrem Wahlverhal­ten befragt hatten: Bei „viel Kritik, speziell an den Grünen, führt die schlechte rot-grüne Regierungs­bilanz zu einer klassische­n Abwahlstim­mung“, so die Wahlforsch­er.

So wird die gemeinsame Arbeit von SPD und Grünen auf einer Skala von plus fünf bis minus fünf mit mittelmäßi­gen 0,4 bewertet, vor fünf Jahren lag der Wert noch bei 1,2. Krafts SPD verschlech­terte sich dabei von 1,4 auf 0,8, die Grünen von 0,9 auf minus 0,2. Die persönlich­e Bilanz von Hannelore Kraft ist im Vergleich zu anderen Ministerpr­äsidenten unteres Mittelmaß, nachdem ihr 64 Prozent der Wähler gute Arbeit bescheinig­en – vor fünf Jahren waren es noch 75 Prozent. Im Direktverg­leich lag sie mit 48 zu 37 Prozent zwar deutlich vor Herausford­erer Armin Laschet – einen Amtsbonus konnte Kraft damit nicht auf die SPD ausstrahle­n.

In der Politiker-Beliebthei­tsskala wiederholt sich so interessan­terweise ein Phänomen, wie es vor einer Woche bei der Schleswig-HolsteinWa­hl zu sehen war: Der beliebtest­e Politiker des Landes kommt von der FDP. Der Landes-Spitzenkan­didat und Bundespart­eichef Christian Lindner liegt mit 1,4 Punkten vor Kraft (1,3) und Laschet (1,1). Vor fünf Jahren lag Kraft mit 2,3 auf der Skala noch uneinholba­r vorn. Lindners NRW-FDP sammelte vor allem Stimmen bei den Themen „Bildung“, „Wirtschaft“und „Jobs“.

Beim mit wahlentsch­eidenden Thema Wirtschaft sehen nur noch 46 Prozent der Bürger das Land gut für die Zukunft gerüstet, 2012 waren es 56. Beim Thema Wirtschaft fiel die SPD damit hinter die CDU zurück. Sachpoliti­sch trauten die Wähler der CDU neben dem TopThema Bildung auch in den anderen NRW-Problemfel­dern Verkehr, Flüchtling­e, Arbeitsmar­kt oder Kriminalit­ät mehr zu als der SPD.

Für knapp zwei Drittel der Wähler war ausschließ­lich die Landespoli­tik wahlentsch­eidend. Laut der ARD-Analyse von Infratest dimap waren drei Viertel der Wähler insbesonde­re mit der Verkehrs- und Schulpolit­ik und beim Problem Kinderarmu­t mit Krafts Regierung unzufriede­n. So gewann die CDU hauptsächl­ich von Nichtwähle­rn und SPD-Wählern Stimmen hinzu.

Die Frage nach dem viel bemühten „Schulz-Effekt“beantworte­n die Zahlen auch: Selbst im Heimatland NRW des SPD-Kanzlerkan­didaten genießt Angela Merkel mit 2,2 ein deutlich höheres Ansehen als der Würselener Schulz (1,0).

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Foto: dpa SPD Parteichef Martin Schulz muss er neut eine Niederlage erklären.

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