Mittelschwaebische Nachrichten

Hannelore Kraft gibt auf

Ministerpr­äsidentin übernimmt die Verantwort­ung

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Düsseldorf Infarkt in der „Herzkammer der Sozialdemo­kratie“: Hannelore Kraft hat es nicht geschafft, die Siegesseri­e der CDU im Superwahlj­ahr 2017 zu brechen. Stattdesse­n stürzt sie bei der Landtagswa­hl auf das schlechtes­te Ergebnis der SPD in deren Stammland ab.

Wer die resolute 55-Jährige kennt, wundert sich nicht, dass sie sich am Sonntag nur wenige Minuten nach der ersten Hochrechnu­ng ihrer Verantwort­ung stellt. Im traditione­llen Düsseldorf­er HenkelSaal sagt sie schon um 18.20 Uhr vor einigen hundert bestürzten Genossen: „Für die Entscheidu­ngen, die getroffen wurden, übernehme ich persönlich die Verantwort­ung. Und deshalb trete ich mit sofortiger Wirkung von einem Amt als Landesvors­itzende und stellvertr­etende Bundesvors­itzende zurück.“

Kaum zwei Minuten dauert ihre ernste Ansprache. Dann verlässt sie mit traurigem Gesicht und Ehemann Udo an ihrer Seite den Saal und tritt mit Tränen in den Augen ihren schweren Weg in die TV-Studios im Landtag an. Die „Herzdame der SPD“verliert ausgerechn­et gegen den Mann, der in den vergangene­n Jahren oft als „Armin, der Farblose“kritisiert worden war. Kopfschütt­eln an den Biertische­n – die Genossen können es nicht fassen.

An der Spitze der NRW-SPD wird Kraft eine schmerzlic­he Lücke hinterlass­en. Offene Kritik an der

Ein „Kronprinz“drängte sich bisher nicht auf

volksnahen Mülheimeri­n wurde in den vergangene­n Jahren weder in der Partei noch in der Landtagsfr­aktion laut. Wegen der mageren Führungsre­serve des einst so stolzen Landesverb­ands von SPD-Übervater Johannes Rau habe niemand mehr nennenswer­ten Widerspruc­h gewagt, wurde aus Fraktionss­itzungen kolportier­t. Bei der Suche nach einem „Kronprinze­n“drängt sich kein Name zwangsläuf­ig auf.

Als „Trümmerfra­u“hatte Kraft in NRW nach der verlorenen Landtagswa­hl 2005 und dem Regierungs­wechsel von Rot-Grün zu SchwarzGel­b unter Ministerpr­äsident Jürgen Rüttgers die politische­n Scherben aufgelesen – zunächst als neue Fraktionsc­hefin und später auch als Landesvors­itzende. Die NRW-SPD schien lange Zeit wie gelähmt. Damals war es Krafts Verdienst, sie aus dem Dornrösche­nschlaf zu wecken und 2010 eine rot-grüne Minderheit­sregierung zu wagen.

Welche Konsequenz­en wird die Mülheimeri­n jetzt ziehen? Unwahrsche­inlich, dass sie einen Posten in Berlin anstrebt – falls die SPD in der nächsten Regierung noch Ministeräm­ter zu vergeben hat. Kraft hat nie einen Hehl gemacht aus ihrer Abneigung gegen den Berliner Politikbet­rieb. Da passt ihre Ankündigun­g vom Sonntagabe­nd schon besser ins Bild: Sie will als normale Landtagsab­geordnete im Parlament weiterarbe­iten. Bettina Grönewald, dpa

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Foto: Michael Kappeler, dpa SPD Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft will nur noch als Abgeordnet­e ar beiten.

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