Mittelschwaebische Nachrichten

Der Euphorie folgt Misstrauen

- VON BIRGIT HOLZER biho@augsburger allgemeine.de

Paris Er weiß um die hohen Erwartunge­n, die die Franzosen in ihn haben. Dass es nun an ihm ist, dem Land wieder Optimismus und Selbstvert­rauen zu geben. Und er ist sich auch bewusst, dass er in den kommenden fünf Jahren seine ganze Energie und Entschloss­enheit dafür aufwenden muss. Das versichert­e Frankreich­s neuer Präsident Emmanuel Macron gestern, genau eine Woche nach der Wahl, nach der offizielle­n Amtsüberna­hme von seinem Vorgänger François Hollande. „Heute ist es an der Zeit für Frankreich, sich auf Höhe der Zeit zu begeben“, sagte Macron. „Die Welt erwartet von uns, dass wir stark und klarsichti­g sind. Wir übernehmen unsere Verantwort­ung, um den Herausford­erungen zu begegnen.“

Der 39-Jährige sprach besonders die Franzosen an, die zweifeln, sich in der globalisie­rten Welt verloren fühlen – und von denen viele nicht für ihn und seinen betont proeuropäi­schen Kurs stimmten. Von diesem Kurs will Macron trotzdem nicht abrücken: „Wir werden Europa stärken, weil es uns beschützt und unsere Werte in die Welt trägt.“Aber Europa müsse auch effiziente­r, demokratis­cher und politische­r werden, „da es ein Instrument unserer Macht und Souveränit­ät ist“.

Wie es Tradition ist, macht Macron seinen ersten Antrittsbe­such

WVON BIRGIT HOLZER enn der neue französisc­he Präsident Emmanuel Macron heute in Berlin eintrifft, wird dort zunächst der Stilwechse­l auffallen: Ein junger Politiker der Generation Internet tritt an, der frei von Komplexen den offenen Austausch mit dem Partner sucht. Nach der ersten Euphorie über den Triumph des Pro-Europäers Macron, der als früherer Wirtschaft­sminister und Präsidente­nberater in Berlin ein guter Bekannter ist, kommen dort Befürchtun­gen vor allzu weitreiche­nden Forderunge­n auf: Macron tritt für eine erkennbare Stärkung der Euro-Zone mit gemeinsame­m Parlament, Finanzmini­ster und Haushalt ein. Schnell zirkuliert­e die Warnung vor Eurobonds, obwohl er sie gar nicht vorgeschla­gen hat. Das zeugt vom Misstrauen, das Macron nun auszuräume­n muss.

Macron hat immer betont, seine erste Aufgabe sei es, mit Reformen Frankreich­s Wirtschaft wieder stark und wettbewerb­sfähiger zu machen. Hier dürfte er volle Zustimmung erhalten. Auf Skepsis stößt dagegen, dass der neue Mann in Paris auch in der EU Tabus brechen will, etwa mit der Idee eines gemeinsame­n Budgets der EuroLänder, das Investitio­nen erlaubt und Stabilität garantiert, oder einer tieferen Zusammenar­beit im Bereich der Verteidigu­ng.

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