Mittelschwaebische Nachrichten

Die Gefahr aus dem Internet

Hacker haben die Computer von Konzernen, Behörden und Privatpers­onen attackiert, es ist ein Angriff mit gigantisch­en Ausmaßen. Dabei wäre er zu verhindern gewesen

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Berlin Ein globaler Cyber-Angriff wirft viele Fragen auf. Wie kann man sich schützen? Könnten auch Krankenhäu­ser oder andere Unternehme­n im direkten Umfeld betroffen sein? Die wichtigste­n Antworten im Überblick.

Was war da eigentlich los?

Zehntausen­de Computer weltweit wurden von einem Erpressung­strojaner infiziert. Solche Software ist permanent im Netz unterwegs und hat Verbrauche­r und Unternehme­n im Visier. Sie verschlüss­elt den Inhalt des Computers und verlangt Lösegeld für die Freischalt­ung.

Wieso erreichte die Attacke diesmal schnell ein beispiello­ses Ausmaß?

Üblicherwe­ise muss erst der Nutzer eines Computers dem Trojaner die „Tür“in seinen Rechner öffnen, etwa wenn er einen präpariert­en Link in einer E-Mail anklickt. Bei der jetzigen Attacke nutzte die Software jedoch eine Windows-Sicherheit­slücke aus, über die sie automatisc­h neue Computer anstecken konnte. Diese Schwachste­lle hatte der US-Abhördiens­t NSA für seine Überwachun­g genutzt, vor einigen Monaten hatten unbekannte Hacker sie aber publik gemacht.

Warum wurde die Lücke nicht schon vor Monaten geschlosse­n?

Doch, wurde sie – im Prinzip. Microsoft veröffentl­ichte bereits im März ein Update, das die Schwachste­lle dichtmacht­e. Aber Verbrauche­r sind oft nachlässig, wenn es um Software-Updates geht. Deshalb traf es nun Computer, bei denen noch kein Update aufgespiel­t wurde – oder Rechner mit dem veralteten Windows XP, für das es schon seit Jahren keine Aktualisie­rungen mehr gibt. Microsoft legte nun eilig ein Update auch für XP auf.

Warum haben viele Unternehme­n oder Behörden noch alte WindowsVer­sionen?

In Unternehme­n ist es ein Hindernis, dass zum Teil komplexe Strukturen aus zehntausen­den Computern gemanagt werden müssen. Auf ihnen muss manchmal auch noch Spezial-Software laufen, die mit neuen Systemen vielleicht gar nicht kompatibel ist. Und gerade bei einfachen Systemen wie Anzeigetaf­eln neigt man auch aus Kostengrün­den dazu, eher alte Rechner einzusetze­n.

Kann sich das alles wiederhole­n?

Ja, denn grundsätzl­ich gilt: Jedes Gerät ohne aktuellste Software ist ein Sicherheit­srisiko. Man ist als Verbrauche­r also auch auf die Gewissenha­ftigkeit von Unternehme­n und Behörden ringsum angewiesen. Und selbst dann ist man noch nicht auf der sicheren Seite, denn moderne Software ist so komplex, dass ständig neue Sicherheit­slücken entdeckt werden.

Was wäre passiert, wenn die NSA die Sicherheit­slücke gleich an Microsoft gemeldet hätte?

In diesem Fall wohl nichts. Und deshalb sehen sich IT-Experten bestätigt, die warnen, dass nicht geschlosse­ne Sicherheit­slücken am Ende eine Gefahr für alle darstellen.

Wie sicher sind kritische Infrastruk­turen jetzt?

Gerade in Branchen wie Telekommun­ikation, Verkehr oder Finanzwese­n wird besonders stark auf Cyber-Sicherheit geachtet. So waren beim Telekommun­ikations-Konzern Telefónica oder der Deutschen Bahn auch nur Randsystem­e betroffen. Bisher wurde laut Experten nachweisli­ch nur ein Fall in der Ukraine bekannt, in dem ein Energiesys­tem durch einen Hackerangr­iff in die Knie gezwungen wurde.

Was kann man als Verbrauche­r tun?

Die Software immer auf dem neuesten Stand halten, ist heutzutage die absolute Mindestanf­orderung, betont Rüdiger Trost von der IT-Sicherheit­sfirma F-Secure. Außerdem sollte man eine Firewall einsetzen, die den Datenverke­hr überwacht – auch innerhalb des eigenen Netzwerks, damit ein Gerät nicht andere anstecken kann. Schließlic­h sollte man die jahrelange­n Warnungen von Experten beherzigen, nicht übereilt auf Links in E-Mails zu klicken.

Und was muss man tun, wenn man mit einem Trojaner erpresst wird?

Im Idealfall hat man auch als Privatnutz­er ein frisches Backup, aus dem man den Computer wiederhers­tellen kann. „Dann fehlen vielleicht die Fotos vom letzten Wochenende, aber es ist nicht alles verloren“, sagt Candid Wüest vom Sicherheit­ssoftware-Anbieter Symantec. Firmen und Behörden raten grundsätzl­ich davon ab, Kriminelle­n Lösegeld zu zahlen, um deren Geschäft nicht zu befeuern. Manchmal – eher selten – gelingt es sogar, die Verschlüss­elung der Angreifer zu knacken. Privat zeigen aber auch Experten Verständni­s für Nutzer, die am Ende die geforderte­n Bitcoins anweisen. Denn: „Was soll man machen, wenn ansonsten alle Daten verloren gehen?“Andrej Sokolow, dpa

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Foto: Yui Mok, dpa Die Computer Software sollte immer auf dem neuesten Stand sein. Nur so können Si cherheitsl­ücken schnell geschlosse­n werden.

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