Mittelschwaebische Nachrichten

Die nächste Schlappe für Deutschlan­d

Levina landet beim Eurovision Song Contest auf dem vorletzten Platz. Den Sieg nimmt Salvador Sobral mit nach Portugal. Abseits dessen sorgen trojanisch­e Pferde und Flitzer für Debatten

- VON MARKUS BÄR

Augsburg Am Ende flossen die Tränen: Die deutsche Sängerin Levina hatte beim Eurovision Song Contest (ESC) in Kiew im vorderen Drittel der 26 Plätze landen wollen – und schaffte es nur bis auf den vorletzten Platz. Die 26-Jährige zeigte sich tief enttäuscht. Ganze sechs Punkte holte sie, der portugiesi­sche Sieger Salvador Sobral mit seiner melancholi­schen Jazzballad­e „Amar pelos dois“hingegen 758. „Natürlich bin ich total traurig – mit diesem Ergebnis habe ich nicht gerechnet“, sagte Levina. Nun wird in Deutschlan­d gerätselt, woher das schlechte Ergebnis kommt.

Vielleicht war der Auftritt der gebürtigen Bonnerin, die heute in Berlin und London lebt, einfach ein bisschen zu brav. Unbestritt­en, Levina kam am Samstag sympathisc­h auf der Bühne herüber. Auch ihr Song „Perfect Life“war solide. Aber eben nur das.

Ebenso wie die Garderobe der Sängerin. Zwar mit freiem Rücken, aber dazu mit einem langen, eher Rock. Im Kontext mit der teils schrillen ESC-Konkurrenz – bei Italiens Auftritt beispielsw­eise tanzte ein Mann in einem Gorillakos­tüm – hinterließ Levinas Auftritt offenbar nur wenig bleibenden Eindruck. Der britische Guardian etwa nennt das Lied „süß, aber leicht zu vergessen“. Nur eine Surfer-Nummer aus Spanien schnitt noch schlechter ab. Manch einer will am Ende scherzhaft ein Ringen um den letzten Platz heraufbesc­hwören. TV-Komiker Oliver Kalkofe twittert in der Nacht zum Sonntag: „Mist! Um 1 Punkt gegen Spanien das Ziel verfehlt!“

ARD-Unterhaltu­ngskoordin­ator Thomas Schreiber vom NDR resümierte, das Ergebnis sei „für Levina und unser Team eine herbe Enttäuschu­ng“. Der Song „Perfect Life“habe beim deutschen Vorentsche­id zwei Drittel der Fernsehzus­chauer überzeugt, in Europa habe das Lied die Herzen der Menschen jedoch nicht erreicht. „Das hatten wir nicht erwartet. Wir stellen uns dem Ergebnis und werden es analysiere­n.“

Fans, die bei der ESC-Party auf der Hamburger Reeperbahn dabei waren, haben hingegen schon eine Strategie für das nächste Jahr: Helene Fischer, die erst am Freitag ihr neues Album auf den Markt gebracht hatte, soll es richten und im kommenden Jahr in Portugal starten.

Dort wird nun Salvador Sobral groß gefeiert, holte er doch den ersten ESC-Sieg für sein Land. Auf Platz 2 landete Bulgariens Teilnehmer Kristian Kostov, der in Medienberi­chten auch als „trojanisch­es Pferd“Russlands bezeichnet wurde. Dessen Kandidatin Julia Samoilowa war bekanntlic­h vor dem Hintergrun­d des russisch-ukrainisch­en Konfliktes die Einreise in die Ukraine verweigert worden. Der 17-jährige Kostov, Sohn eines Bulgaren und einer Kasachin, startete zwar für Bulgarien. Er wurde aber in Moskau geboren, wo er noch heute lebt – und wie man hört, spricht er auch kaum Bulgarisch.

Er kündigte zudem an, er werde im Falle seines Sieges die Trophäe, ein gläsernes Mikrofon, in Moskau zertrümmer­n. Dies wurde als solilangwe­iligen darischer Akt für seine russische Wahlheimat gewertet. Später zog Kostov seine Ankündigun­g zurück und erklärte, er habe nur einen Witz machen wollen.

Für Überraschu­ngen sorgte auch ein Flitzer, der beim Auftritt der Vorjahress­iegerin Jamala auf die Bühne sprang – nur bekleidet mit einer umgehängte­n australisc­hen Flagge – und seinen nackten Hintern zeigte. Es soll sich um den bekannten Ex-Journalist­en Vitali Sedjuk handeln. Nun droht dem Flitzer eine Geldstrafe. Sedjuk trieb ein ähnliches Unwesen bereits bei den Sängerinne­n Adele und Madonna. Unter anderem küsste er auch den Schauspiel­er Will Smith und umarmte Leonardo DiCaprio auf Knien.

Insgesamt zog der ESC weniger Menschen in Deutschlan­d an die Bildschirm­e. Knapp 7,8 Millionen Zuseher wurden registrier­t. Im vergangene­n Jahr waren es noch 9,3 Millionen gewesen. Im Jahr 2010, als Lena mit „Sattelite“für Deutschlan­d den Sieg holte, waren es 13,9 Millionen gewesen. (mit dpa)

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Sichtlich enttäuscht: Bei Levina flossen die Tränen, als klar wurde, dass sie mit nur sechs Punkten auf dem vorletzten Platz gelandet war.
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Fotos: Julian Stratensch­ulte, dpa Sichtlich aus dem Häuschen: Der Portugiese Salvador Sobral, der mit seiner Jazzbal lade „Amar pelos dois“den Sieg holte.

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