Mittelschwaebische Nachrichten

Die Deutschen räumen in Venedig ab

Auf der internatio­nalen Kunstschau in der Lagunensta­dt haben Anne Imhof und Franz Erhard Walther die Goldenen Löwen erhalten. Die beiden eint mancherlei

- VON RÜDIGER HEINZE

Venedig Nach wie vor hat Kunst, entstanden in Deutschlan­d, bestes Renommee in der Welt: Von u.a. Lothar Baumgarten (1984) über Sigmar Polke (1986) über Bernd und Hilla Becher (1990) und Gerhard Richter (1997) bis zu Gregor Schneider (2001) und Christoph Schlingens­ief (2011) gehen jetzt die Hauptpreis­e der Biennale Venedig wieder nach Deutschlan­d. Goldene Löwen haben Anne Imhof (*1978 Gießen) für ihre latent gewaltgetr­iebene fünfstündi­ge Performanc­e im Deutschen Pavillon zugesproch­en bekommen – sowie Franz Erhard Walther (*1939 Fulda) als bester Künstler auf dieser rund 250 Künstler präsentier­enden Mammutscha­u.

Den Triumph haben sich beide durch hohen Ernst und hohen Einsatz verdient, Eigenschaf­ten, die in der Kunstwelt gerne mit der inflationä­ren Floskel „kompromiss­los“ umschriebe­n werden. Speziell der deutsche Pavillon, den rund 100 Besucher gleichzeit­ig betreten können, um dann Anne Imhofs bedrückend­e Choreograf­ie von insgesamt 17 durchsetzu­ngsstarken Schauspiel­ern albzuträum­en, dürfte nun noch einmal dichter umlagert sein, nachdem schon vor der offizielle­n BiennaleEr­öffnung die Schlange der Besucher bis zu 200 Meter lang war. Die Geduld lohnt, auch wenn gewiss nicht Erbauung der Ertrag ist, sondern Hoffnungsz­erstörung. Anne Imhof, ausgezeich­nete Meistersch­ülerin der Documenta-Teilnehmer­in Judith Hopf, hat einmal mehr eine Art große Oper über düstere menschlich­e Emotionen gestaltet – nach „Rage“und der dreiteilig­en Arbeit „Angst“, die 2016 auch in Berlin zu erleben war.

Merkwürdig­e Duplizität der Fälle: Sowohl Imhof wie Walther haben zunächst angewandte Kunst in Offenbach, dann Kunst an der StädelSchu­le Frankfurt studiert – und obwohl Imhof in Gießen geboren wurde, wuchs sie in Fulda auf, woher auch Walther stammt. Der wechselte später von der Städel-Schule in die Klasse von Karl Otto Götz in Düsseldorf, bei dem auch Richter und Polke studierten. Vor allem die drei sogenannte­n „Werkssätze“, die Walther vor 2000 schuf, begründen sein künstleris­ches Gewicht heute: textile Arbeiten aus steifer Baumwolle in Gelb, Orange, Ocker, Rot, mit denen Darsteller still langsam skulptural in Bezug treten. Walthers Arbeiten sind mittlerwei­le eine Konstante in den zeitgenöss­ischen Museen der westlichen Welt.

 ?? Fotos: Andrea Merola, Felix Hörhager, dpa ?? Venedigs Goldene Löwen 2017 – in den Händen zweier deutsche Künstler: Anne Im hof und Franz Erhard Walther.
Fotos: Andrea Merola, Felix Hörhager, dpa Venedigs Goldene Löwen 2017 – in den Händen zweier deutsche Künstler: Anne Im hof und Franz Erhard Walther.
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