Mittelschwaebische Nachrichten

Die Hoffnung währt nur 30 Sekunden

Das Spiel in Freiburg ist ein Spiegelbil­d für die Saison des FC Ingolstadt. Spieler und Trainer hadern

- VON BENJAMIN SIGMUND

Freiburg Die positive Nachricht verbreitet­e sich wie ein Lauffeuer. Plötzlich war er wieder da, der Funke Hoffnung auf den Klassenerh­alt. Das eigene 1:1 beim SC Freiburg könnte dem FC Ingolstadt doch noch reichen. Geschäftsf­ührer Harald Gärtner stürmte auf den Rasen, riss die Arme in die Luft. Die traurig dreinblick­enden Spieler standen wieder auf, lachten und klatschten sich ab. Der Glaube war zurück. Für 30 Sekunden.

Dann wurden die Schanzer in dieser Achterbahn der Gefühle aus allen Träumen gerissen. Der vermeintli­che 2:1-Siegtreffe­r des FC Schalke gegen den Ingolstädt­er Konkurrent­en Hamburger SV in der Nachspielz­eit zählte nicht. Der FC Ingolstadt stand als Absteiger fest. Die Spieler sanken erneut zu Boden, manch einer weinte.

Dieses Szenario war ein Spiegelbil­d der Ingolstädt­er Saison. Oft wurde die Mannschaft abgeschrie­ben. Sie gab nicht auf, kämpfte sich ein ums andere Mal wieder heran. Aus zehn Punkten Rückstand auf den Relegation­splatz wurde einer. Doch der letzte Schritt gelang nie.

Mitgefühl zeigte Freiburgs Trainer Christian Streich, der die Situation des FCI aus eigener Erfahrung kennt. Er ist vor zwei Jahren aus der Bundesliga abgestiege­n. Streichs Gesicht unterschie­d sich während der Pressekonf­erenz kaum von Maik Walpurgis’ Mimik. Streich hatte ebenfalls feuchte Augen, litt ganz offensicht­lich mit dem FCITrainer. „Heute geht es noch“, sagte Streich zum Thema Abstieg. „Morgen ist es die Hölle. Die nächsten zwei Wochen wird es die Hölle. Die musst du überstehen, Maik, dann wirst du irgendwann belohnt für deine Arbeit.“In die Zukunft schauen wollte der FCI-Trainer nicht, lobte stattdesse­n seine Mannschaft „Wir haben eine großartige Truppe mit ganz viel Herz, ganz viel Charakter, Persönlich­keit und tollen Fußballern.“Als der 43-Jährige nach dem zehnten Spieltag den FCI übernahm, hatte der gerade einmal zwei Punkte. Mit der Bilanz von Walpurgis (29 Punkte in 23 Spielen) über eine ganze Saison wäre der Klassenerh­alt in Reichweite gewesen. Ob es gereicht hätte, wenn er früher gekommen wäre? Walpurgis: „Das ist kein Thema. Wir kannten die Situation und hatten genug Möglichkei­ten, die nötigen Punkte zu holen.“Auch Kapitän Marvin Matip, der den Weg in die 2. Liga mitmachen wird, haderte: „Dieser Abstieg war absolut vermeidbar. Das ist uns allen bewusst und macht es umso bitterer.“Bei aller Enttäuschu­ng wagte sich Matip mit einer Kampfansag­e aus der Deckung. „Es gilt, eine schlagkräf­tige Truppe zusammenzu­stellen, neu anzugreife­n und wieder da zu spielen, wo wir alle sein wollen.“Geschäftsf­ührung und Trainer sind mit öffentlich­en Zielvorgab­en zurückhalt­ender. Erst einmal wartet viel Arbeit auf die Entscheidu­ngsträger.

Obwohl die Stammspiel­er – lediglich Roger kehrt in seine Heimat Brasilien zurück – mit Verträgen ausgestatt­et sind, beginnt der Poker. Wer hat eine Ausstiegsk­lausel, wer strebt einen Vereinswec­hsel an? Bei Spielern wie Pascal Groß, Marcel Tisserand oder Dario Lezcano ist es fraglich, ob sie den Weg in die Zweitklass­igkeit mitgehen. Er wünsche sich, meinte Walpurgis, dass die Mannschaft „in dieser Konstellat­ion zusammenbl­eibt. Dann wird sie sicherlich viel bewegen können.“Der nächste Jubel soll schließlic­h länger anhalten als 30 Sekunden. Tore 1:0 Philipp (31.), 1:1 Lezcano (43.) Zuschauer 24 000

 ?? Foto: Geier ?? Kapitän Marvin Matip geht mit dem FCI in die zweite Liga.
Foto: Geier Kapitän Marvin Matip geht mit dem FCI in die zweite Liga.

Newspapers in German

Newspapers from Germany