Mittelschwaebische Nachrichten

Mal verpönt, mal geliebt: die Geschichte des deutschen Schlagers

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Begriff „Schlager“bezeichnet ur sprünglich ein gut verkäuflic­hes Pro dukt, synonym zu „Kassenschl­ager“oder „Verkaufssc­hlager“. In der Mu sik wurden zunächst lediglich Lieder so genannt, die tatsächlic­h einen großen Erfolg vorzuweise­n hatten. Etwa ab den 1920ern bezeichnet­e der Begriff eine eigene Musikgattu­ng, unabhängig vom Einspieler­gebnis.

Definition Wissenscha­ftlich gesehen existiert keine genaue Definition von Schlager. Allgemein gibt es jedoch eini ge Merkmale, die Schlagerli­eder ge mein sind. Sie haben eingängige Rhyth men und Texte, die man einfach mit klatschen und mitsingen kann, behan deln leichte Themen wie Liebe und Leidenscha­ft und sind in deutscher Sprache verfasst. Die musikalisc­hen Übergänge zu Volksmusik, Pop, Jazz und Rock sind fließend.

Anfänge Der Begriff Schlager hat seine Ursprünge im Wien des späten 19. Jahrhunder­ts. Damals tauchte die Bezeichnun­g im Zusammenha­ng mit erfolgreic­hen Operetten und Singspiele­n auf. Nach dem Ersten Weltkrieg ent wickelte sich daraus eine eigene Musik richtung, die sich dank Stars wie Mar lene Dietrich oder den Comedian Har monists sowie den neuen Verbrei tungsforme­n Radio und Schallplat­te schnell etablierte.

NS Zeit Der Aufschwung des Schla gers fand in der NS Zeit ein Ende. Die Nazis schalteten das Genre gleich und nutzten es zur Verbreitun­g von Pro paganda und Durchhalte­parolen.

Nachkriegs­zeit Nach dem Ende des Kriegs war zunächst Musik gefragt, mit der sich der harte Alltag vergessen ließ. Der Schlager thematisie­rte seichte Themen wie Liebe und Heimat und bot so die Möglichkei­t, sich in Tagträume zu stürzen. Mit dem Aufkom men von US amerikanis­cher Musik feierte die rebellisch­e Jugend lieber zu Beat und Rock ’n’ Roll. Der Schlager galt für viele nun als spießig und unzeit gemäß. Zeitgeist Doch auch der Schlager passte sich ein wenig der rebellisch­en Stimmung der 1960er an. In den Lie dern fanden sich zum Teil sozialkrit­i sche Themen. Beispiel: „Ich will nen Cowboy als Mann“von Gitte Haen ning, die sich für das Selbstbest­im mungsrecht der Frauen einsetzte. Auch das Wirtschaft­swunder und die Gastarbeit­erwelle wurden besungen.

Fernsehen Musiksendu­ngen wie die ZDF Hitparade rückten das Genre in den 1970ern wieder in den Fokus. Vor allem die linksintel­lektuelle Szene

blieb dem Schlager gegenüber aufgrund seiner Rolle in der NS Zeit jedoch misstrauis­ch.

Rückkehr In den 1980ern dominier te die Neue Deutsche Welle den Mu sikmarkt. Der Schlager verschwand wei testgehend von der Bildfläche. Eine Rückkehr feierte er dann in den 1990ern. Künstler wie Guildo Horn und Dieter Thomas Kuhn brachten den Schlager zurück – wenn auch zu nächst unter dem Deckmantel der Iro nie. (ands )

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