Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Kuhhorn zum Musizieren

Bernhard Bitterwolf begeistert­e mit pfiffiger Instrument­enkunde im Krumbacher Schloss

- VON DR. HEINRICH LINDENMAYR

Krumbach Bernhard Bitterwolf ist ein ausgesproc­hen vielseitig­er Künstler. Jenseits der Iller kennt man den Oberschwab­en aus Bad Waldsee gut, denn er tritt regelmäßig im südwestdeu­tschen Fernsehen auf. Sein Programm besteht aus der Musik und volkstümli­chen Literatur verschiede­ner Epochen und Landstrich­e und auch zu einzelnen Themen kann er erzählend, rezitieren­d und musizieren­d problemlos einen ganzen Abend gestalten. Was also aus seinem reichhalti­gen Repertoire würde der Künstler im Krumbacher Schloss anbieten, wo er auf Einladung des Vereins „Schwäbisch­es Literaturs­chloss Edelstette­n“mit einem „Schwäbisch­en Abend“gastierte? Er wolle mit dem Publikum einen Spaziergan­g durch die Heimatgesc­hichte unternehme­n, erklärte Bitterwolf, und zwar mithilfe von Musikinstr­umenten. Um ihn herum auf dem Boden lagen zahlreiche Instrument­e, die meisten davon als „historisch­e“erkennbar: Piffel, Drehleier, Kuhhorn, Schalmei, Sackpfeife, Scheitholz und Carnyx. Das Klangspekt­rum alter Musik sei wesentlich breiter gewesen als heute, behauptete Bitterwolf. Es habe seinerzeit kein Klangideal gegeben. Jeder aktive Musiker probierte, experiment­ierte, bastelte an seinem Instrument herum oder baute es gar selbst. Musikpfleg­e sei wesentlich ursprüngli­cher und individuel­ler gewesen. Zu jedem der Instrument­e gab der Künstler eine Geschichte zum Besten. Zum Kuhhorn beispielsw­eise habe er einen interessan­ten Bericht im Kloster Ochsenhaus­en gefunden, der ihn gereizt habe, sich auf dem Horn zu versuchen.

Woher aber bekomme man heute ein Kuhhorn? Alles, was am Rindvieh Horn sei, müsse nämlich seit der BSE-Krise beim Schlachten der Tiere vernichtet werden. Schließlic­h fand Bitterwolf bei einer Tante im Stall ein Horn. Ein bisschen anrüchig sei die Sache aber dann doch gewesen. Früher trugen die Bauern beim Mähen mit der Sense ein Kuhhorn am Gürtel, worin sich Wasser und der Wetzstein befanden. Wäre das Wasser verschütte­t worden, hätten die Bauern ins Horn „geseicht“, denn feucht müsse der Wetzstein unbedingt sein. Also montierte Bitterwolf auf sein Horn das Mundstück einer Trompete. So bekam das Publikum eine witzige Geschichte und anschließe­nd eine überzeugen­de Kostprobe davon, wie satt und der Ton eines Horns sein kann und dass sich damit durchaus auch musizieren lässt.

Bernhard Bitterwolf ist ein Multitalen­t. Er kann alle seine Instrument­e herrlich spielen und dabei mühelos vom einen Stil in den anderen wechseln. Er komponiert und dichtet. Er ist ein großartige­r Rezitator und Erzähler, ausgestatt­et mit einem ungeheuren Fundus, obendrein ausgesproc­hen witzig. Vielleicht das Entscheide­nde ist, dass sich bei ihm Wissen und Können paaren mit Leimodulat­ionsfähig denschaft. Hier hat sich einer mit Haut und Haar der Pflege des literarisc­hen und musikalisc­hen Brauchtums verschrieb­en und macht seinem Publikum deutlich, über welch ein großes Erbe wir Schwaben verfügen können.

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Foto: Lindenmayr Bernhard Bitterwolf zog mit zahlreiche­n historisch­en Instrument­en sein Publikum in den Bann.

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