Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Stück Kindheit schenken
Spielszene und Diskussion werben Paten für Kinder psychisch kranker Eltern
Krumbach Die Zahlen sind alarmierend: Über drei Millionen Kinder in Deutschland wachsen mit mindestens einem psychisch kranken Elternteil auf. Kinder wie Eltern in solchen Familien brauchen Hilfe. Flankierend zur Unterstützung durch Ämter und Einrichtungen vermittelt der Kinderschutzbund Günzburg Patenschaften für die betroffenen Familien. Der Landkreis und der Bezirk fördern künftig gemeinsam das seit 2011 bestehende Günzburger Patenschaftsmodell. Landrat Hubert Hafner und Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert setzten am Montag ihre Unterschrift unter die Vereinbarung und eröffneten damit die Aktionswoche „Kinder psychisch erkrankter Eltern“(wir berichteten).
Neue Paten zu gewinnen, das ist das Hauptanliegen der Aktionswoche. Wie schon bei der Auftaktveranstaltung setzte der Kinderschutzbund auch am zweiten Aktionstag hierfür auf ein besonders attraktives Werbemittel. Zur Aufführung kam auf der Bühne der Schlossaula in Krumbach eine von der Schauspielerin Marion Wessely einstudierte Szene. Sie entwickelt dicht und zupackend die Problematik in der Familie, aber vor allem auch das, was die Familienpatin bewirkt. Anna (gespielt von Lotta Hergesell) bekommt von ihrer depressiven Mutter (gespielt von Rika Schmitz) nicht die Zuwendung, die sie braucht. steht dafür der Zopf, den sich Anna wünscht, den die Mutter aber nicht flechten kann. Die Patin (gespielt von Brigitte Lauterbach) richtet Anna die Haare nach deren Wunschvorstellung und Anna tut es ihr später gleich, indem sie auch der Mutter eine Zopffrisur besorgt. Es entwickelt sich nach anfänglichen Vorbehalten ein Geben und Nehmen, das alle Beteiligten bereichert und beglückt.
Die anschließende Podiumsdiskussion zwischen Fachleuten, ehrenamtlich Aktiven und einer Betroffenen lieferte den Besuchern der Veranstaltung gleichsam einen Kommentar zur Spielszene.
Barbara Hellenthal (Amt für Kin- der Jugend und Familie) klärte über den Zusammenhang von Angst und Schuld sowohl beim Kind wie beim psychisch kranken Elternteil auf. Die Folge davon seien Ausgrenzung, Rückzug, Kommunikationsverbote und das Gefühl, permanent überfordert zu sein.
Arthur Geis (Erziehungsberatungsstelle) plädierte dafür, die Kinder über die Krankheit der Eltern gut aufzuklären. Er berichtete von speziell eingerichteten Gruppen solcher Kinder, wo es gelinge, dass sich die Kinder öffneten und über ihre familiären Probleme sprächen. Dass die therapeutische Arbeit in der Familie stattfinden könne, wo die Menschen offener und zugängliSymbolisch cher seien als in den offiziellen Räumen der Fachdienste, darauf legte auch Susanne Kilian (Beratungsstelle für Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil) großen Wert.
Roswitha Holmer (Projektleitung „Patenschaften“) berichtete von „Sternstunden“ihrer Arbeit. Es sei unglaublich schön zu erleben, wie Kinder die emotionale Zuwendung genössen, die sie im familiären Alltag schmerzlich vermissten.
Petra Nzirorera (Patin) erklärte, es seien für Paten von Kindern psychisch kranker Eltern immer wieder Hindernisse zu überwinden, entscheidend aber sei das großartige Gefühl, dem Kind einen Teil verlorener Kindheit wieder zu schenken.