Mittelschwaebische Nachrichten
Ein stiller Marienverehrer
Otto Bierbaum verbrachte viele Jahre in München und Oberbayern
Krumbach Der 1865 am 28. Juni im schlesischen Grünberg geborene Otto Julius Bierbaum wuchs in Dresden und Leipzig auf. Nach dem Abitur studierte er Jura und Philosophie in Zürich, München, Berlin und Leipzig. Das lässt auf ein vermögendes Elternhaus schließen. Bereits mit 22 Jahren ist er Redakteur der „Freien Bühne“, deren Herausgeber er später wird. Er ist unglaublich fleißig. Er schreibt Artikel unter seinem Namen, aber er veröffentlicht auch unter Pseudonymen wie Möbius und Simplicissimus. Theaterstücke, Romane, Erzählungen und immer wieder Gedichte erscheinen aus seiner Feder. Bei manchem Gedicht hat man den Eindruck, es sei ein Mariengedicht, ganz klar ist es bei dem „Adoration“überschriebenen Gedicht. Daraus könnte man schließen, dass Bierbaum ein evangelischer Christ ist, denn als Katholik müsste er wissen, dass Maria nicht angebetet wird, sondern man verehrt sie und fleht sie um ihre Fürsprache an.
Genau dies tut Otto Julius Bierbaum in diesem Gedicht. Er streckt seine Hände aus hin zur Gottesmutter. Er schaut auf zur „gnadenreichen Mutter, die im Arm das liebevolle ernste Kind umfängt“. Er drückt dann seinen Wunsch aus: „So, o Madonna, möchte ich, dass dein Blick der heitere mich überstrahlte“. An Heiterkeit hat es Bierbaum, dem Kabarettisten, eigentlich nicht gefehlt. Von ihm stammt der Ausspruch: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“. Auch wer, wie der Dichter, viele heitere Beiträge verfasst, so sind ihm dunkle Stunden nicht fremd. Wieder wendet er sich der Madonna zu und bittet: „Sieh, Madonna, sieh, wie ich voll Glauben bin, versunken ganz in deine Güte, ganz, ganz fromm und selig, wie ein armes Herz, das schon gestorben war in Graus und Gram und zur Madonna seine Zuflucht nahm und stark in Liebe ward neu lebend, frei“. Diese Befreiung empfindet Bierbaum so stark, dass er „nichts mehr, nichts von dieser Welt verlangt, als dass es stets im Glanz Mariens sei“.
Viele Jahre verbrachte Bierbaum in München und Oberbayern. Die Marienfrömmigkeit hat ihn im Innersten angesprochen. Das Mariengedicht kann man als Zeichen dafür ansehen. In seinem letzten Lebensjahr kehrte er nach Dresden zurück und starb dort nach längerer Krankheit im Alter von erst 45 Jahren. Seinem Wunsch entsprechend fand er seine letzte Ruhestätte auf dem Waldfriedhof in München.
Auf Kalenderblättern kann man immer wieder Gedichte und Verse von Otto Julius Bierbaum entdecken. Er war ein begeisterter Autofahrer. 1902 hat er mit seinem Automobil begleitet von seiner Frau eine Reise von München über Wien nach Italien unternommen und dabei auch die Alpen überquert. Seine Erlebnisse hat er auf höchst amüsante Weise in einem Buch veröffentlicht. Es trägt den Titel „Eine empfindsame Reise mit dem Automobil“. Kenner seiner Werke behaupten, dass man besonders in seinen Gedichten immer wieder Maria begegnen kann, nirgends aber deutlicher und eindringlicher als in dem Gedicht „Adoration“, das er besser mit dem Titel „In Verehrung“überschrieben hätte. (gsch)