Mittelschwaebische Nachrichten

Ermittlung­en gegen Polizisten

Drei Neu-Ulmer Kriminalbe­amte sollen ihre Arbeitszei­t falsch notiert und mit dem Dienstwage­n Privatfahr­ten unternomme­n haben

- VON KATHARINA DODEL

Landkreis/Neu Ulm Gegen drei NeuUlmer Kriminalbe­amte und ihren Chef wird ermittelt. Das teilte das Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/ West gestern Abend mit. Demnach werden den drei Polizisten „Unregelmäß­igkeiten bei der Arbeitszei­terfassung“und „der Gebrauch dienstlich­er Fahrzeuge für private Zwecke“zur Last gelegt. Von all dem soll der Chef der Neu-Ulmer Kriminalpo­lizei gewusst oder es zumindest geduldet haben, so der Verdacht. Er hat am Mittwoch von den Vorwürfen erfahren und ist seither nicht mehr im Dienst. Der Zuständigk­eitsbereic­h der Kripo Neu-Ulm umfasst die Kreise Neu-Ulm und Günzburg, ausgenomme­n das Gebiet des alten Kreises Krumbach.

Zu den Anschuldig­ungen sagt der Kripo-Chef auf Nachfrage unserer Zeitung: „Ich habe mir nichts vorzuwerfe­n.“Und: „Das sind falsche Vorwürfe.“Mehr zum Fall sagt der erfahrene Polizist, der seit 2010 in dieser Position ist, aufgrund der laufenden Ermittlung­en nicht. Wie Christian Eckel, Pressespre­cher des Präsidiums, mitteilt, sei ihm „vorübergeh­end“verboten worden, zum Dienst zu kommen. Er betont: „Dabei geht es nicht um eine Suspendier­ung, oder eine Amtsentheb­ung.“Dem Kripo-Chef sei zum Schutz die Leitung seiner Dienststel­le verboten worden. „Das ist eine unangenehm­e, belastende Situation“, sagt Eckel, aus dieser „wollen wir ihn einfach herausnehm­en“. Zudem müsse die Neutralitä­t der Ermittlung­en gewahrt werden. Was genau den drei Polizisten vorgeworfe­n wird, kann er aufgrund der laufenden Ermittlung­en nicht sagen.

Wie zu erfahren war, erfasst die Polizei die Arbeitszei­t via Computerpr­ogramm: Kommt ein Beamter zum Dienst, registrier­t er sich mit einem Chip – ebenso wenn er das Haus verlässt. Ein Polizist, der sich bei Dienstschl­uss außerhalb der Inspektion befindet, könne seine Arbeitszei­t nachträgli­ch am Computer eintragen. Dann müsse der Chef einen Blick darauf werfen und die Arbeitszei­t überprüfen. Haben die drei Polizisten ihre Zeit falsch angegeben? Stunden geschriebe­n, in denen sie nicht gearbeitet haben? Oder haben sie während der Arbeit private Dinge erledigt? Das sogar mit dem Dienstwage­n? Und: Wusste der Kripo-Chef von alledem?

Diese und viele weitere Fragen beschäftig­en derzeit die Staatsanwa­ltschaft München I und das Landeskrim­inalamt, die der Sache nachgehen. Die beiden Ermittlung­sbehörden wurden ganz bewusst eingesetzt, teilt Polizeispr­echer Eckel mit. Die neutrale Aufklärung des „zur Last gelegten Fehlverhal­tens“habe oberste Priorität. „Aus diesem Grund hat – wie in derartigen Fällen üblich – das LKA gemeinsam mit der Staatsanwa­ltschaft München I die strafrecht­lichen Ermittlung­en übernommen.“

Weiter betont Eckel in Bezug auf das Arbeitsver­bot des Kripo-Chefs: „Das ist nicht wegen der Schwere des strafrecht­lichen Vorgangs.“Wie aus der Pressemitt­eilung des Präsidiums hervorgeht, sei lediglich dem Leiter der Kripo das Verbot erteilt worden – nicht aber den drei Polizeivol­lzugsbeamt­en. Wie lange die Ermittlung­en nun dauern werden und wie lange ihr Vorgesetzt­er nicht mehr zum Dienst erscheint, ist bislang unklar.

Die Neu-Ulmer Inspektion kommt nicht so recht raus aus den Negativsch­lagzeilen: Erst vor vier Jahren erschütter­te ein Skandal die Polizei. 2013 wurden der damalige Chef der Kriminalpo­lizeiinspe­ktion für zentrale Aufgaben (KPIZ) und einer seiner Ermittler ihrer Aufgaben enthoben. Der Vorwurf: Der Chef habe sich im Zusammenha­ng mit einer Liebesaffä­re seines Mitarbeite­rs falsch verhalten.

Wie damals berichtet, hatte sich der junge Polizist aus Neu-Ulm offenbar zu der Zeit intensiv um die Kemptener Drogenszen­e gekümmert – und sich in die Ex eines Kriminelle­n verliebt. Daher geriet er selbst ins Visier seiner Polizeikol­legen.

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