Mittelschwaebische Nachrichten

Die Frage der Woche

- PRO MICHAEL SCHREINER

An den Aufschreie­n der Empörung und an der schnarrend­en Aufgeregth­eit der Wortmeldun­gen zeigt sich: Da hat der Finger in einer Kriegs-Wunde gebohrt, die noch übel eitert. Helmut Schmidt abhängen – das hat für manche die Dimension eines Sakrilegs. Als hätte man die Zugspitze geschliffe­n, Beckenbaue­r Hausverbot an der Säbener Straße erteilt oder die D-Mark nachträgli­ch zu Falschgeld erklärt.

Gemach. Natürlich kann man sich fragen, warum erst jetzt die nicht ganz stubenrein­e Wehrmachts­pflege in einer Bundeswehr entdeckt wurde, die es ja nun auch schon ein paar Dekaden gibt. Man hatte sich doch friedlich arrangiert mit dem verdünnten Gift. Damit, dass es so einen faulen Kompromiss der Duldung gab, für jene Wehrmachts­männer und -traditione­n, die irgendwie doch gutes Erbe gewesen sein sollen… Diese gefährlich schizophre­ne Aufspaltun­g in eine Art böse und – nun ja – im Wesen aufrichtig­e, aber „missbrauch­te“Wehrmacht war gespenstis­ch. Und das nicht nur in der Rommelkase­rne. Dass nun endlich das unwürdige Geeiere und widerwärti­ge Tarnund Verstecksp­iel diskutiert und aufgearbei­tet wird, ist gut. Und wer den Wehrmachts­mantel des Verschweig­ens und Nischentol­erierens wegreißen will, der muss konsequent sein. Deshalb ist es kein überzogene­r Bilderstur­m, der das Foto des Ex-Kanzlers Helmut Schmidt in Wehrmachts­uniform in einer Bundeswehr-Universitä­t von der Wand gefegt hat. Sondern: eine Notwendigk­eit. Eine Befreiung. Es zeigt sich, dass es genau dieses Symbols bedurft hat, um die ganze verschwurb­elte, gefährlich­e Privatlogi­k offenzuleg­en, was nun harmlose und irgendwie „vorbildlic­he“Wehrmacht war und was hässliche und mörderisch­e. Wer hier von Hexenjagd spricht, ist ein Geisterfah­rer.

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