Mittelschwaebische Nachrichten

Warum Hunden im Auto schlecht wird

Übelkeit während der Fahrt kommt bei Kindern oft vor. Aber auch Tiere können darunter leiden

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Noch heute erzählt mir meine Mutter gern, was für ein Horrortrip jede Autoreise mit mir einst war. Kaum lagen 20 Kilometer hinter uns, wurde ich blass und mir war schlecht. Nachdem mein Stopp-Ruf ein paar Mal zu spät gekommen war, hatte Mutter schnell gelernt: Längere Fahrten, Stopand-go-Verkehr oder kurvige Passstraße­n sind gute Gründe dafür, immer eine Kotztüte in greifbarer Nähe zu haben.

Was kaum jemand weiß: Auch vielen Hunden wird beim Autofahren regelmäßig übel. Es gibt Welpen, die sich schon auf ihrer ersten Fahrt zum neuen Besitzer nach wenigen Metern übergeben müssen. Wie bei den Kindern liegt auch bei Hunden der Grund dafür im Gleichgewi­chtszentru­m im Innenohr. Dort werden Beschleuni­gungen und Drehbewegu­ngen registrier­t. Fehlt aber die Möglichkei­t, die Ursachen dieser Bewegungen mit den Augen zu verfolgen und abzugleich­en, kann das Gehirn die Reize im Innenohr nicht richtig bewerten. Es interpreti­ert sie als Fehlermeld­ung. Übelkeit und Erbrechen sind das Ergebnis.

Was dann häufig folgt, ist die di- rekte Verknüpfun­g von Auto und Brechreiz mit der Folge, dass betroffene Vierbeiner partout nicht mehr einsteigen wollen. Mancher Wuffi geht nicht einmal in die Nähe des Pkw. Gegen solche Ängste hilft nur Training. Im ersten Schritt wird der Hund so nahe an das Auto herangefüh­rt, dass er gerade noch ruhig bleibt. Hier bekommt er Futter oder ein Leckerli. Drei Trainingse­inheiten pro Tag sind ideal. Schritt für Schritt wird die Distanz zum Auto verringert.

Wenn der Hund entspannt direkt neben dem Auto sitzt, kann man den Kofferraum oder die Hecktür öffnen – je nachdem, wo der Hund später sitzen soll. Dort steht jetzt das Futter, sodass Bello seine Schnauze in den verhassten Pkw strecken muss, wenn er etwas ergattern möchte. Am Ende soll er entspannt im geparkten Wagen Platz nehmen. Erst dann beginnen Übungen mit laufendem Motor. Kurz starten, wieder ausschalte­n! Auch das wird drei Mal am Tag wiederholt. Die ersten Fahrtstrec­ken sind kurz, auf dem Parkplatz einmal vor und zurück, das reicht zusammen mit einer Belohnung aus, um Autoangst in den Griff zu bekommen.

Die Reiseübelk­eit ist damit natürlich nicht verschwund­en. Darum auf zum Tierarzt, denn es gibt ein Medikament, das Sie kurz vor der Fahrt verabreich­en können. Das ist sinnvoll, denn so verknüpft der Hund nicht länger die Übelkeit mit dem Auto. In einer neuen Gewöhnungs­phase mit kurzen Strecken zu attraktive­n Orten (besser zum Wald oder zur Hundewiese als zum Tierarzt) wird die Sache zunehmend besser.

Vielleicht kennen Sie das von sich selbst: Je öfter man auf der Rückbank im Auto oder dicht gedrängt in einem Bus sitzt, desto besser kommt das Gleichgewi­chtssystem damit zurecht und die Übelkeit bleibt aus. Darum ist regelmäßig­es Training wichtig.

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Foto: Dorazett, Fotolia Für manchen Hund ist die Autofahrt eine Qual. Denn viele der Vierbeiner leiden – ähnlich wie kleine Kinder – unter Reiseübelk­eit.
 ??  ?? Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren ver knüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.
Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren ver knüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

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