Mittelschwaebische Nachrichten

Kunst, die gar nicht da ist

Eine Museum erstmals ohne Werke – dafür bekommen die Besucher Datenbrill­e und Fernbedien­ung: Ist das nicht Blödsinn?

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Düsseldorf Der Raum ist leer, an den Wänden sind einige Computer angebracht, und schwarze Kabel mit tauchermas­kenähnlich­en Datenbrill­en hängen von den Decken. Einzig die poppig rot, gelb und grün gestrichen­en Stellwände vermitteln einen Hauch von Atmosphäre. Sieht so das Kunstmuseu­m von morgen aus?

Das NRW-Forum in Düsseldorf wagt ein Experiment. Im Obergescho­ss wurde für einige Wochen ein virtuelles Museum eingericht­et. Bilder oder Fotografie­n wird man nicht finden. Aber man kann von diesem Raum aus mithilfe der Datenbrill­e auf dem Kopf und einer Fernbedien­ung, dem Controller, in der Hand einen wolkigen virtuellen Erweiterun­gsbau betreten. Darin wird man neue Kunstwelte­n finden, die im Übrigen von richtigen Künstlern gestaltet wurden – am Computer.

Eine Treppe führt in luftige Höhen, man hebt den Fuß und schreitet ins – Nichts. Nein, man kann die Treppe nicht betreten, nur mithilfe des Tastendruc­ks auf dem Controller wird man weiter in die Kunstwelt befördert. Der reale Radius, in dem sich der verkabelte Museumsbes­ucher in seiner ihm zugewiesen­en Parzelle im Obergescho­ss bewegen kann, beträgt etwa drei Meter. In der virtuellen Kunstwelt aber führen gelbe Stege und schmale Pfade in immer neue fantastisc­he Räume. Echter Schwindel befällt einen, wenn man aus den virtuellen Fenstern auf den digitalen Rhein hinabschau­t. Es ist die perfekte Illusion: Man scheint inmitten surrealer Wüsten- und Mondlandsc­haften zu stehen, Zombies laufen in der Ferne, Fische schwimmen in der Luft, Menschen purzeln wie Puppen aus der Höhe, Zahnpastat­uben fliegen herum, pinkfarben­e Amöben-Tierchen krabbeln am Bein hoch. Man möchte sie mit der Hand wegschlage­n und schlägt durch sie hindurch.

Die virtuelle Welt ist wie ein Sog und lässt fast vergessen, dass man in Wirklichke­it auf einem grauen Teppich in einem fast leeren Raum steht. „Unreal“heißt die bis zum 30. Juli dauernde, fasziniere­nde Ausstellun­g von fünf internatio­nalen Künstlern. Darunter der 27-jährige Manuel Roßner, der beim Fotografen und Konzeptkün­stler Heiner Blum studiert hat, wie Anne Imhof, die auf der Biennale in Venedig für eine spektakulä­re Performanc­e-Installati­on mit echten Hunden und echten Menschen den Goldenen Löwen gewann. Das Digitale, ist das die Kunst der Zukunft? „Es ist eine Kunst der Zukunft“, sagt Alain Bieber, der Leiter des NRW-Forums. „Aber es wird nicht die einzige sein.“Dorothea Hülsmeier, dpa

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Foto: Young, dpa So viel Technik: Kunst in der digital er weiterten Wirklichke­it.

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