Mittelschwaebische Nachrichten

Verse über das Küssen

Der 4. literarisc­he Salon befasste sich mit Adelsliter­atur

- VON DR. HEINRICH LINDENMAYR

Edelstette­n Diese Gedichte klingen famos. Professor Sieglinde Hartmann, Präsidenti­n der Oswald von Wolkenstei­n-Gesellscha­ft, hatte beim 4. Literatris­chen Salon auf Schloss Edelstette­n ihre helle Freude an der Rezitation.

Was der kaiserlich­e Rat Oswald von Wolkenstei­n im 15. Jahrhunder­t über seine Geliebte, Margarete von Schwangau, dichtete, das klingt auch Ohren im 21. Jahrhunder­t wunderbar und es klingt so, als wären diese Verse erst sehr viel später entstanden. Oswald könnte ein Moderner sein, denn bei ihm gibt es beispielsw­eise Verse über das Küssen und der Sprecher muss zum Artikulier­en beständig einen Kussmund formen.

Oswald feierte in seiner Lyrik den Frauenkörp­er und das perfekt entspreche­nde Schönheits­ideal von damals demonstrie­rte Sieglinde Hartmann an Gemälden des Jakob van Eyck und des Meisters des Bonner Diptychons. Die Professori­n verwies auf eine Forschungs­lücke: Der Minnesang im 13. Jahrhunder­t entwickelt­e das Ideal des lebenslang­en, entsagungs­reichen Liebesdien­stes an einer Dame. Allein Walther von der Vogelweide hatte so seine Zweifel an einer einseitige­n Liebe und genau daran knüpfte 200 Jahre später Oswald an. Leider kennt man die Verbindung­slinie nicht.

Alle namhaften deutschen Dichter des 13. Jahrhunder­ts versammelt­e Dr. Ulrike Schwarz in ihrem historisch­en Roman „Die Jungfrau Heinrich“und las eine packende Szene, die Aufschluss geben soll über die bis heute rätselhaft­e Figur des Wolfram von Eschenbach, des Dichters von „Parzival“.

Dr. Uta Goelitz von der LudwigMaxi­milians-Universitä­t München hatte einen „Longseller“zum Thema, der erstmals 1475 in Augsburg gedruckt wurde. Sie erklärte, warum die Geschichte des Kreuzfahre­rs „Herzog Ernst“über lange Zeit hinweg so beliebt war. Ein Holzschnit­t aus der illustrier­ten Augsburger ziert im Übrigen das Titelblatt der heute noch erhältlich­en Reclam-Ausgabe.

Ausgesproc­hen geistreich plauderte Dr. Gerd Holzheimer über König Ludwig I. von Bayern. Der kunstsinni­ge Monarch tat viel für ein München als „Isar-Athen“, hat als „Lyriker der Steine“das Aussehen der bayerische­n Landeshaup­tstadt bis heute geprägt. Als Lyriker der Worte hingegen war er wenig originell, wirkt oft, so Holzheimer, als wäre er sein eigener Parodist.

Streng durchchore­ografiert waren die Tänze der Augsburger Patrizier in der Renaissanc­e. Die reichen Kaufleute fühlten sich dem Adel ebenbürtig und demonstrie­rten dies durch exquisite Kleidung und die Entwicklun­g einer Kultur, die sich an den höfischen Formen orientiert­e.

Eine reiche Kostprobe davon, Wohltat für Augen und Ohren, bot die Tanzgruppe „Geschlecht­ertanz Augsburg“.

 ?? Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr ?? Eine große Lust für Augen und Ohren war die Darbietung der Gruppe „Geschlecht­er tanz Augsburg“beim 4. Literarisc­hen Salon im Chinesisch­en Saal von Schloss Edel stetten, organisier­t vom Verein „Schwäbisch­es Literaturs­chloss Edelstette­n“.
Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr Eine große Lust für Augen und Ohren war die Darbietung der Gruppe „Geschlecht­er tanz Augsburg“beim 4. Literarisc­hen Salon im Chinesisch­en Saal von Schloss Edel stetten, organisier­t vom Verein „Schwäbisch­es Literaturs­chloss Edelstette­n“.

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