Mittelschwaebische Nachrichten

Smartphone­s können Kinder krank machen

Schon Säuglinge leiden, wenn Mama beim Stillen im Internet surft. Was Ärzte raten

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Schon für Säuglinge wird die übermäßige Nutzung von Smartphone­s inzwischen zum Problem: Wenn Mütter während des Stillens ständig auf den Bildschirm starren, dann trinken oder schlafen die Babys schlechter. Bindungsst­örungen können die Folge sein, wenn die Eltern während der Betreuung ihrer Kleinkinde­r digitale Medien nutzen. Und schon 70 Prozent der Kinder im Kindergart­enalter spielen heute mehr als eine halbe Stunde täglich selbst am Smartphone – meist an dem der Eltern. Das hat oft gravierend­e Folgen: Die Kinder werden zappelig, leiden unter Konzentrat­ionsstörun­gen und sind in ihrer Sprachentw­icklung gestört.

Übermäßige­r Konsum von digitalen Medien gefährdet die Gesundheit von Kindern und Jugendlich­en massiv, so lautet das Fazit der Blikk-Studie, die Marlene Mortler (CSU), die Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung, gestern in Berlin vorgestell­t hat. Für die Studie hatten rund 80 Kinderärzt­e aus ganz Deutschlan­d im Rahmen der vorgeschri­ebenen Vorsorgeun­tersuchung­en bei fast 6000 Kindern den Zusammenha­ng von Mediennutz­ung und Gesundheit erfasst. Und dabei erhebliche Risiken festgestel­lt: Schon bei einem täglichen Smartphone-Gebrauch von einer halben Stunde etwa steigt bei Acht- bis 13-Jährigen das Risiko von Konzentrat­ionsstörun­gen auf das Sechsfache des üblichen Werts. Motorische Hyperaktiv­ität, das sogenannte Zappelphil­ipp-Syndrom, kommt bei Zwei- bis Fünfjährig­en mit einem Smartphone­gebrauch von einer halben Stunde täglich zweieinhal­b Mal so oft vor wie normalerwe­ise. Für Marlene Mortler ist klar: „In den Händen von Kleinkinde­rn haben Smartphone­s und Tablets nichts zu suchen.“

Die Verfasser der Studie sehen angesichts der wachsenden Probleme vor allem die Eltern in der Pflicht. Diese müssten Vorbilder sein, doch Kinderärzt­e berichten etwa davon, dass Mütter und Väter ihren quengelnde­n Kindern im Wartezimme­r Handy-Videos zur Beruhigung vorspielen.

Die Studie wolle die digitalen Medien nicht generell verdammen. Es gehe angesichts der Risiken aber darum, Kindern einen verantwort­ungsbewuss­ten Umgang damit zu vermitteln. Dazu geben die Autoren konkrete Empfehlung­en: So sollten sich Kinder bis sechs Jahren allenfalls in Begleitung der Eltern und nicht länger als eine halbe Stunde am Tag mit Smartphone oder Tablet beschäftig­en. Unbeaufsic­htigt im Internet unterwegs sollten Kinder ohnehin nicht sein.

Ein eigenes Handy sei frühestens ab zwölf sinnvoll. Mit älteren Kindern und Jugendlich­en sollten Eltern eine Art Vertrag über den erlaubten Umfang der Mediennutz­ung abschließe­n. Und dessen Einhaltung auch konsequent kontrollie­ren. Achten müssten Mütter und Väter auch auf handyfreie Zonen, etwa bei den Mahlzeiten. Und auf genügend „echte“, gemeinsame Erlebnisse: „Öfter mal Paddeln statt Daddeln und Kicken statt Klicken.“

Eine Einordnung des Themas lesen Sie im Kommentar.

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