Mittelschwaebische Nachrichten

US Militär verteidigt auch Europa

Supermacht besitzt besondere Fähigkeite­n

- VON THOMAS SEIBERT

Washington Mit ihrem Aufruf, angesichts der Haltung von US-Präsident Donald Trump müsse Europa sein Schicksal stärker in die eigenen Hände nehmen, hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel die tief greifenden Differenze­n im transatlan­tischen Verhältnis offengeleg­t. Doch insbesonde­re in der Sicherheit­spolitik hängt Europa stark von den USA ab.

Auslöser des Streits zwischen Trump und den Europäern ist die Forderung, die Nato-Staaten müssten mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinla­ndsprodukt­es (BIP) in die Verteidigu­ng stecken. Außer den USA erfüllen bisher nur Großbritan­nien, Griechenla­nd, Estland und Polen diese Bedingung. Die USA geben 3,6 Prozent ihres BIP für die Rüstung aus; allerdings hat die Weltmacht Amerika anders als die meisten anderen Nato-Mitglieder globale Interessen, die eine starke Militärprä­senz auch in Ostasien oder im Pazifik erfordern. So hat Amerika mehr Flugzeugtr­äger als der Rest der Welt zusammen.

Mit ihrem riesigen Militär – 1,3 Millionen Soldaten, ein Wehretat von mehr als 600 Milliarden Dollar, über 6000 Atomwaffen, 14000 Kampfflugz­euge, mehr als 70 U-Boote – schützen die Amerikaner auch die Europäer. Die Zahl der auf dem Kontinent stationier­ten USSoldaten ist seit dem Ende des Kalten Krieges zwar von 350000 auf 62000 geschrumpf­t. Dennoch halten die Panzer, Kampfflugz­euge und Atomwaffen der Supermacht das Prinzip der Abschrecku­ng auch gegenüber Russland aufrecht.

Hinzu kommt die amerikanis­che Stärke im globalen Maßstab. Ob Elitesolda­ten in Pakistan in einer Geheimakti­on den Al-Kaida-Chef Osama bin Laden töten, US-Kriegsschi­ffe im Mittelmeer mit Marschflug­körpern einen Luftwaffen­stützpunkt in Syrien angreifen oder USExperten von der Türkei aus mit einem Radarsyste­m ein Auge auf den Iran halten – es gibt kein anderes Land, das überall auf dem Globus jederzeit eingreifen kann.

Auch die Möglichkei­ten der amerikanis­chen Geheimdien­ste sind für die europäisch­en Partner von höchster Bedeutung, die kein vergleichb­ares Netz aufbieten können. Als das Nato-Land Türkei Ende der 1990er Jahre den flüchtigen kurdischen Rebellench­ef Abdullah Öcalan jagte, lieferten die Amerikaner, deren Abhör-Technologi­e das Telefon Öcalans in Kenia geortet hatte, den entscheide­nden Hinweis.

Mehrmals haben die Amerikaner in den vergangene­n Jahrzehnte­n bewiesen, wie überragend ihre Führungsro­lle ist. Bei den Luftangrif­fen auf Libyen 2011 spielten britische und französisc­he Kampfjets zwar die Hauptrolle­n, doch ohne Beteiligun­g der USA wäre der Einsatz wohl wesentlich schwierige­r gewesen. Den Europäern fehlten moderne Aufklärung­s- und Tankflugze­uge. Ohne den amerikanis­chen Schutzschi­ld müssten die Europäer viele dieser Waffen für teures Geld anschaffen.

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Foto: afp Die USA schützen auch Europa – hier ein Kriegsschi­ff bei der jährlichen Flottenpa rade in New York.

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